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Erfolg für die Transplantationsforschung

Wissenschaftlern gelingt die Transplantation tierischer Inselzellen ohne Eingriff ins Immunsystem
Wirkungsweise des Bioreaktors. Abbildung: UKD Medizinische Klinik III
Die Transplantation der Inselzellen in Rhesusaffen fand am DPZ statt. Foto: Anton Säckl
Die Transplantation der Inselzellen in Rhesusaffen fand am DPZ statt. Foto: Anton Säckl
Prof. Dr. Franz-Josef Kaup ist Leiter der Abteilung Infektionspathologie und Tierschutzbeauftragter sowie Projektleiter des Forschungsverbundes SFB/TRR 127 am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Privat
Prof. Dr. Franz-Josef Kaup ist Leiter der Abteilung Infektionspathologie und Tierschutzbeauftragter sowie Projektleiter des Forschungsverbundes SFB/TRR 127 am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Privat
Uwe Schönmann ist Koloniemanager in der Primatenhaltung des DPZ. Foto: Karin Tilch
Uwe Schönmann ist Koloniemanager in der Primatenhaltung des DPZ. Foto: Karin Tilch

Einem internationalen Forscherteam, an dem auch Wissenschaftler des DPZ beteiligt waren, ist in einer vielversprechenden Studie die Transplantation von artfremden Insulin-produzierenden Inselzellen in Rhesusaffen gelungen. Die Zellen stammen aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen und sind in einer, als Bioreaktor funktionierenden Kapsel eingeschlossen. Somit können Abstoßungsreaktionen des Immunsystems verhindert werden. Die Studie fand unter Federführung der Dresdner Wissenschaftler Barbara Ludwig, Stefan Ludwig und Stefan R. Bornstein vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus statt. Die Forscher haben den künstlichen, für die Insulinproduktion verantwortlichen, Inselapparat der Bauchspeicheldrüse zusammen mit der israelischen Firma „Beta-O2 Technologies Ltd.“ entwickelt. Die Transplantationen wurden am Deutschen Primatenzentrum durchgeführt. Die Spenderzellen funktionierten auch nach einem halben Jahr noch gut und produzierten Insulin in ausreichender Menge. Die Studie eröffnet damit neue, zellbasierte Behandlungsmöglichkeiten für Diabetes-Patienten (PNAS).

Diabetes mellitus Typ 1 wird durch die Zerstörung der Insulin-produzierenden Inselzellen der Bauchspeicheldrüse durch das körpereigene Immunsystem ausgelöst. Warum das geschieht, ist bislang noch unklar. Durch das fehlende Insulin kommt es zu einer dauerhaften Überzuckerung des Blutes, was zu zahlreichen Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nieren- und Nervenschädigungen führt. Laut Robert-Koch-Institut sind in Deutschland derzeit etwa acht Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Rund 400.000 davon an Typ 1. Betroffene müssen ihrem Körper lebenslang Insulin von außen zuführen.

Die Transplantation menschlicher Inselzellen zur Behandlung von Typ-1-Diabetes ist bislang nur begrenzt möglich und deshalb Hochrisiko-Patienten vorbehalten, deren Erkrankung einen kritischen Verlauf zeigt. Sowohl die lebenslange Gabe von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva) und der Mangel an geeigneten Spenderzellen beschränken den Einsatz der Methode.

Kleiner Bioreaktor mit großer Wirkung

Um diesem Umstand entgegenzuwirken, entwickelten die Dresdner Wissenschaftler eine neue Strategie, um Inselzellen von Schweinen in einer Kapsel dauerhaft überleben zu lassen. Die artfremden Zellen sind durch eine Membran vom Rest des Körpers abgegrenzt. Sauerstoff, Glucose und Nährstoffe, die die Zellen zum Überleben benötigen, können in das System eindringen, Insulin kann hinausgeschleust werden. Bestimmte Abwehrzellen des Immunsystems, die den Zellen schaden könnten, kommen jedoch nicht durch die Hülle. Die Gabe von Immunsuppressiva ist somit nicht notwendig.

Der kleine Bioreaktor, der die Inselzellen enthält, wurde den Rhesusaffen am DPZ transplantiert. „Wir haben die Tiere auf die OP vorbereitet und auch deren Nachsorge übernommen“, sagt Uwe Schönmann, Koloniemanager in der DPZ-Primatenhaltung. „Die künstlichen Organe haben in den Affen gut funktioniert und Insulin produziert, wenn der Blutzuckerspiegel stieg. Schwere Nebenwirkungen haben wir nicht beobachtet. Nun muss untersucht werden, ob das Fremdtransplantat auch im Menschen funktioniert.“ Neben Schönmann waren noch die Tierärztinnen Yvonne Knauf und Martina Bleyer vom DPZ an der Studie beteiligt. Projektleiter am DPZ ist Franz-Josef Kaup, Leiter der Abteilung Infektionspathologie und der Primatenhaltung.

„Bevor man Fremdtransplantate bei kranken Menschen einsetzen kann, müssen die Methoden in geeigneten Tiermodellen getestet werden“, sagt Kaup. „Sicherheits- und Machbarkeitsstudien mit Affen, die dem Menschen ähnlich sind, sind deshalb im Vorfeld klinischer Studien unverzichtbar.“

Im nächsten Schritt wird das Paul-Ehrlich-institut, das deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, die Studie auf die Anwendbarkeit beim Menschen prüfen. Sollten klinische Studien zugelassen werden, könnte der Bioreaktor in einigen Jahren Erkrankten helfen und so die Insulingaben einschränken oder sogar ganz überflüssig machen.

Der Forschungsverbund SFB – Transregio 127

Die Studie wurde im Rahmen des Transregio-Sonderforschungsbereiches (TRR) 127 durchgeführt. In dem DFG-geförderten Forschungsverbund arbeiten seit 2012 zahlreiche Experten auf dem Gebiet der Xenotransplantation zusammen. Die Wissenschaftler erforschen alternative Organersatzverfahren mit dem Ziel artfremde Organe, Gewebe oder Zellen aus Schweinen für den Menschen nutzbar zu machen. Dabei arbeiten die Wissenschaftler in eng vernetzten Forschungsprojekten zusammen. Dem DPZ kommt hierbei eine zentrale Rolle zu, da das Institut die Empfängertiere zur Verfügung stellt, die Projektpartner mit der Expertise im Umgang mit nicht-menschlichen Primaten unterstützt und in Tierschutzfragen berät.

Originalpublikation

Ludwig B, Ludwig S, Steffen A, Knauf Y, Zimmermann B, Heinke S, Lehmann S, Schubert U, Schmid J, Bleyer M, Schönmann U, Colton C, Bonifacio E, Solimena M, Reichel A, Schally A, Rotem A, Barkai U, Grinberg-Rashi H, Kaup FJ, Avni Y, Jones P, Bornstein SR (2017): Favorable outcome of experimental islet xenotransplantation without immunosuppression in a nonhuman primate model of diabetes. PNAS, Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.1708420114