Menü mobile menu

DFG fördert neue Forschergruppe zu Tierversuchen

Deutsches Primatenzentrum beteiligt sich an Verbundprojekt zur Belastungseinschätzung bei Versuchstieren
Eine Versuchsmaus. Foto: MHH/Kaiser
Das Logo der Forschergruppe. Abbildung: MHH/Bleich
Das Logo der Forschergruppe. Abbildung: MHH/Bleich
Ein Rhesusaffe in der Primatenhaltung am DPZ. Foto: Karin Tilch
Ein Rhesusaffe in der Primatenhaltung am DPZ. Foto: Karin Tilch

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt einen neuen Forschungsverbund „Belastungseinschätzung in der tierexperimentellen Forschung" („Severity assessment in animal based research") mit rund sechs Millionen Euro für die nächsten drei Jahre. Dem Verbund, an dem auch das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) beteiligt ist, gehören acht wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland und in der Schweiz an. Sie wollen in 15 Projekten Belastungen von Tieren in Tierversuchen erkennen und Belastungsgrade wissenschaftlich fundiert und möglichst fein und genau abstufen - mit dem Ziel, Belastungen optimal zu minimieren.

„Derzeit fehlen wissenschaftlich begründete Parameter und Methoden, mit denen Belastungen wie Stress und Schmerz gemessen werden können, denen Tiere in einem Versuch ausgesetzt sind. Das beeinflusst ethische Fragen und die Qualität von Tierversuchsdaten. Das wollen wir ändern", sagt André Bleich. Der Leiter des Instituts für Versuchstierkunde und des Zentralen Tierlaboratoriums der MHH ist Sprecher der neuen Forschergruppe (FOR) 2591 - gemeinsam mit René Tolba, Leiter des Instituts für Versuchstierkunde sowie des Zentrallaboratoriums für Versuchstiere der Uniklinik RWTH Aachen.

Im Rahmen des deutschlandweit durchgeführten Verbundprojekts koordiniert Dana Pfefferle Untersuchungen der Abteilung Kognitive Neurowissenschaften (Stefan Treue) und der Forschungsgruppe Sensomotorik (Alexander Gail) am DPZ. Es geht dabei um die Belastung von Rhesusaffen durch verschiedene Aspekte von Forschung und Haltung. Im Fokus der Studie steht der von den Tieren individuell empfundene Schweregrad der einzelnen Aspekte. Auf der Basis von Präferenztests, in denen die Affen zwischen verschiedenen Bedingungen wählen können, wird eine wissenschaftlich fundierte Belastungsskala entwickelt, die frei von menschlichen Annahmen auf der subjektiven Wahrnehmung der Affen beruht.

„Wir verbessern verschiedene objektive Methoden und Techniken, erarbeiten neue und kombinieren diese, um eine Skala zur Standardisierung erstellen zu können", erläutert Bleich. Die Ergebnisse, die mit den neuen Methoden erzielt werden, sollen mit den Belastungs-Schweregraden korrelierbar sein, die in der Richtlinie des Europäischen Parlaments zum Schutz für Versuchstiere definiert sind. Die Forschergruppe will die Belastungseinschätzungen außer Wissenschaftlern auch Behörden und Gutachtern zur Verfügung stellen.

Um festzustellen, wie es Tieren während eines Versuchs geht, gibt es beispielsweise die Möglichkeit, mit Infrarot-Kameras Aktivität und Körpertemperatur der Tiere zu überwachen. Außerdem können Herzschlagrate und deren Intervalle per Telemetrie festgestellt werden. Auch die moderne Bildgebung hilft - etwa, um Veränderungen im Gehirn festzustellen. Viele Ideen für die Beurteilung von Belastungen stammen aus der Verhaltens-, Schmerz-, Stress- und Depressionsforschung. Die Forscher wollen auch Strategien untersuchen, die Tiere für den Umgang mit Stress haben.

Die Wissenschaftler wenden mit ihrem Vorhaben das „3R-Prinzip" zur Durchführung von Tierversuchen an. Es steht für „Replace" (Vermeiden von Tierversuchen durch das Finden alternativer Methoden), „Reduce" (Verringern der Zahl benötigter Tiere) und „Refine" (Verminderung der Belastung). „Dieses Prinzip ist für uns von wesentlicher Bedeutung - nicht nur bezüglich seiner ethischen Rechtfertigung, sondern auch, um belastbare Daten durch Standardisierung zu generieren. Denn ein zentraler Aspekt dieses Prinzips ist die Einschätzung von Schmerzen, Leiden und Schäden von Versuchstieren während eines Experiments", sagt André Bleich.

Neben der Medizinischen Hochschule Hannover, der Uniklinik RWTH Aachen und dem Deutschen Primatenzentrum sind die Universität Zürich, die Universität Heidelberg, das Bundesinstitut für Risikobewertung, die LMU München und die Universität Rostock an dem Forschungsverbund beteiligt.