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Pluripotente Stammzellen

Die Abteilung Stammzellbiologie arbeitet mit embryonalen Stammzellen sowie induzierten pluripotenten Stammzellen des Weißbüschelaffen. Diese „Alleskönner-Stammzellen“ sollen in verschiedenen Projekten gemeinsam mit Kooperationspartnern zu klinisch relevanten Zelltypen differenziert werden. Das langfristige Ziel ist, Zellersatztherapien für sozioökonomisch relevante und für die Patienten leidvolle Erkrankungen wie z.B. den Herzinfarkt, Diabetes oder auch neurodegenerative Erkrankungen in präklinisch relevanten Tiermodellen auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu überprüfen.

Embryonale Stammzellen (ESC) können sich fast uneingeschränkt weiter teilen und sich in jeden Zelltyp entwickeln – in anderen Worten: sie sind pluripotent. ESC von Mäusen wurden zum ersten Mal in den frühen 80er Jahren etabliert. Die ersten ESC nicht-menschlicher Primaten wurden 1995 erzeugt; die ersten humanen ESC im Jahre 1998. Die Forschung an und mit embryonalen Stammzellen ist extrem vielfältig. Grundsätzlich können jedoch drei Forschungsschwerpunkte unterschieden werden, in denen ESC eine wichtige Rolle spielen: 

(1) Zellersatztherapie
(2) grundlegende zell- und entwicklungsbiologische Arbeiten
(3) Tests von Wirkstoffen, die als Medikamente in Frage kommen könnten sowie Toxizitätstests in der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung.

(c) Debowski
Generierung einer Stammzelllinie. Links: ein früher Embryo im Blastozystenstadium. Mitte: in Zellkultur wachsen die embryonalen Zellen weiter. Rechts: eine Kolonie embryonaler Stammzellen.

Primaten und Nagetiere unterscheiden sich in vielen Bereichen wie Neurobiologie, Immunologie, (Patho-) Physiologie, Reproduktionsbiologie, Embryologie und Anatomie sehr stark voneinander. Dies spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Biologie von Maus- und Primaten-ESC wider. Wenn humanmedizinisch relevante Erkenntnisse gewonnen werden sollen, ist es daher wichtig, neben Mausmodellen auch Primaten zu untersuchen.

Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen)

Ein adulter Organismus besteht hauptsächlich aus sogenannten somatischen Zellen. Im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen (s.o.) sind somatische Zellen nicht pluripotent sondern darauf spezialisiert, im jeweiligen Gewebe bestimmte Funktionen auszuüben (wie z.B. Muskelzellen oder  Nervenzellen). Lange Zeit wurde angenommen, dass diese Spezialisierung einer Zelle nicht umkehrbar sei. Im Jahr 2006 konnte dies jedoch durch die „Reprogrammierung“ somatischer Zellen widerlegt werden. Durch das Einbringen von nur vier Transkriptionsfaktoren (dies sind Proteine, die die Genaktivität innerhalb einer Zelle beeinflussen) konnten Bindegewebszellen aus der Haut der Maus in einen pluripotenten Zustand zurückversetzt werden. Sie haben die Fähigkeit wiedererlangt, sich zu jedem Zelltyp zu entwickeln. Daher werden diese Zellen induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) genannt. Die Verwendung von iPSC anstelle embryonaler Stammzellen in der Zellersatztherapie wurde bereits an einem Tiermodell für die Sichelzellanämie demonstriert.

(c) Debowski
Links: Hautzellen [Fibroblasten] in Zellkultur. Mitte: Genetische Elemente, die in die Fibroblasten eingebracht werden und Pluripotenz induzieren. Rechts: induzierte pluripotente Stammzellen, die aus Fibroblasten erhalten wurden.

Im Hinblick auf die Anwendung embryonaler Stammzellen im Rahmen von klinischen Zellersatztherapien treten neben den technischen Problemen in Bezug auf die Gewinnung und Nutzung auch ethische Konflikte auf. Durch den Einsatz patientenspezifischer iPSC könnten diese Konflikte umgangen werden. Wir stellen iPSC des Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) her. Für die Reprogrammierung der Zellen wenden wir ausschließlich nicht-virale Methoden an (piggyBac Transposon/Transposase-System). Die iPSC werden in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, z.B. im Rahmen des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislaufforschung, in verschiedene Zelltypen differenziert. Anschließend sollen sie in präklinischen Studien für Zellersatztherapien verwendet werden. 

Warthemann R, Eildermann K, Debowski K, Behr R (2012):
False-positive antibody signals for the pluripotency factor OCT4A (POU5F1) in testis-derived cells may lead to erroneous data and misinterpretations.
Mol Hum Reprod 18(12): 605-612.

Müller T, Fleischmann G, Eildermann K, Mätz-Rensing K, Horn PA, Sasaki E, Behr R (2009):
A novel embryonic stem cell line derived from the common marmoset monkey (Callithrix jacchus) exhibiting germ cell-like characteristics.
Hum Reprod. Jun;24(6):1359-1372.

Behr R, Heneweer C, Viebahn C, Denker HW, Thie M (2005):
Epithelial-mesenchymal transition in colonies of rhesus monkey embryonic stem cells: a model for processes involved in gastrulation.
Stem Cells. Jun; 23(6): 805-816.