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Grauer Mausmaki: Ohne Futter folgt Hungerstarre

Bei den madagassischen grauen Mausmakis wird das Energiespar-Programm im tropischen Winter nicht dadurch ausgelöst, dass es trockener und kälter wird. Stattdessen ist die zunehmende Nahrungsknappheit der bestimmende Faktor. Das Ergebnis ist eine Voraussetzung um zu untersuchen, wie gut die Tiere zum Beispiel mit dem Klimawandel umgehen können.
Graue Mausmakis auf Madagaskar. Die Hungerstarre in der Trockenzeit wird bei den Tieren durch Nahrungsmittelknappheit ausgelöst. Foto: Manfred Eberle
Das Foto zeigt Peter Kappeler
Prof. Dr. Peter Kappeler, Leiter der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie am DPZ und der Uni Göttingen. Foto: Claudia Fichtel

Mitten im europäischen Hochsommer ist das gerade schwer vorstellbar: Affen, die Winterschlaf halten, in tropischen Regionen? Es klingt unwahrscheinlich, aber die madagassischen Grauen Mausmakis (Microcebus murinus) überstehen so die Dürreperiode zwischen Juni und September. In der kann es auf Madagaskar im Lebensraum der Grauen Mausmakis Minimaltemperaturen zwischen 5 und 10 Grad geben und Nahrung für die Tiere wird knapp. Graue Mausmakis ernähren sich unter anderem von Früchten und Insekten. Indem die nachtaktiven Tiere entweder in den Torpor, eine dem Winterschlaf ähnliche kurzfristige Hungerstarre, oder in einen echten ausgedehnten Winterschlaf fallen, erhöhen sie ihre Überlebenschancen. Die Mausmakis fahren ihren Stoffwechsel herunter und verringern damit Herzfrequenz und Körpertemperatur. So verbrauchen sie weniger Energie, die in Form von Nahrung in der Trockenzeit schwierig zu bekommen ist.

Aber was ist tatsächlich der Auslöser dafür, dass Torpor oder Winterschlaf beginnen? Bei den Grauen Mausmakis hat das ein Forscherteam des Nationalen Naturhistorischen Museums in Frankreich und der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie des Deutschen Primatenzentrums in Madagaskar untersucht. Pauline Vuarin, Melanie Dammhahn, Peter Kappeler und Pierre-Yves Henry gingen von zwei Hypothesen aus: Entweder, der Auslöser ist der Jahreszeitenwechsel, also einfach die Tatsache, dass weniger Regen fällt und es kälter wird. Oder der Winterschlaf beginnt erst dann, wenn tatsächlich weniger Nahrung zur Verfügung steht.

Um das herauszufinden, haben die Forscher experimentell zwei Bedingungen getrennt, die üblicherweise parallel für die Makis auftreten: Saison und die Verfügbarkeit von Nahrung. Zwei Gruppen Mausmakis mit je etwa 20 Tieren verglichen die Forscher in deren Verbreitungsgebiet im Westen der Insel. Für beide Gruppen wurden natürlich die Tage kürzer und der Regen seltener, aber die Wissenschaftler versorgten die eine Gruppe zusätzlich mit deutlich mehr Nahrung. Das Ergebnis war eindeutig: Die gefütterten Grauen Mausmakis begannen ein bis zwei Monate später mit der Hungerstarre, verbrachten nur ein Viertel der Zeit der Kontrollgruppe im Torpor und hatten eine um sechs Grad Celsius höhere minimale Körpertemperatur als die Kontrolltiere. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Verfügbarkeit von Nahrung der maßgebliche Faktor beim Beginn des Torpors bei vielen heterothermen Tierarten sein kann, wie die Autoren schreiben. Damit können die Tiere sich flexibel und optimal an klimatische Schwankungen zwischen den Jahren anpassen. Diese Ergebnisse, schreiben die Autoren, sind eine notwendige Voraussetzung um zu untersuchen, wie heterotherme Tiere wie die Makis beispielsweise dem Klimawandel trotzen können.

Originalpublikation

Vuarin P, Dammhahn M, Kappeler PM, Henry PY: When to initiate torpor use? Food availability times the transition to winter phenotype in a tropical heterotherm. Oecologia 2015, May 8 (Epub ahead of print). DOI: 10.1007/s00442-015-3328-0