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Weißbüschelaffe

Weißbüscheläffchen gehören zur Familie der Krallenaffen und leben im nordöstlichen Brasilien. Mit einer Größe von 16 bis 20 Zentimetern bringen sie nur maximal 300 bis 350 Gramm auf die Waage und zählen damit zu den kleinsten Vertretern unter den höheren Primaten.

Ein Weißbüschelaffe in seinem Gehege am DPZ. Foto: Anton Säckl
Ein Weißbüschelaffe in seinem Gehege am DPZ. Foto: Anton Säckl

Besondere Merkmale

Neben ihrer geringen Körpergröße fallen die kleinen Affen besonders durch ihren langen grau-schwarz geringelten Schwanz sowie durch ihre weißen Haarbüschel an den Ohren auf. Das Gesicht ist hell gefärbt, spärlich behaart und auf der Stirn befindet sich ein weißer Fleck. Weißbüschelaffen haben wie alle Affen dieser Familie krallenartige Nägel an Fingern und Zehen ausgebildet. Nur die Großzehe trägt den für Primaten typischen Plattnagel. Mit ihren Krallen können sich die Tiere in der Baumrinde regelrecht „einhaken“ und sind deshalb in der Lage auch an dicken Baumstämmen und Ästen senkrecht auf- und abwärts zu klettern, ohne diese, wie andere Primaten, umklammern zu müssen.

Ernährung

Zwei Weißbüschelaffen lassen sich Heuschrecken schmecken. Foto: DPZ
Zwei Weißbüschelaffen lassen sich Heuschrecken schmecken. Foto: DPZ

Auf dem Speiseplan der Weißbüschelaffen stehen vor allem Pflanzensäfte und gummiartige Exsudate. In der Trockenzeit machen diese Substanzen 80 Prozent ihrer gesamten Ernährung aus. Die Verfügbarkeit der Baumsäfte bestimmt entscheidend die Gruppengröße und Überlebenschancen der Weißbüschelaffen. Ihre besondere Ernährungsweise ermöglicht es ihnen, auch mit kleinen Lebensräumen auszukommen und vermindert die Nahrungskonkurrenz zu anderen Primatenarten. Um an die Baumsäfte zu gelangen, haben die Weißbüschelaffen ein spezielles Gebiss entwickelt. Sie besitzen vergrößerte, meißelartige Schneidezähne, die auf ihrer Außenseite verstärkten Zahnschmelz aufweisen. Die ungleiche Abnutzung von Zahnschmelz und Zahnbein führt zu einer ständigen Schärfung der „Schneidekante“, mit der die Affen die Baumrinde benagen und so den Fluss der Pflanzensäfte und Exsudate stimulieren können. In der Regenzeit nehmen Weißbüschelaffen vor allem Früchte zu sich, die 60 bis 100 Prozent ihrer Ernährung ausmachen können. Daneben fressen sie Blüten, Nektar und Pilze, aber auch tierische Nahrungsquellen wie Grashüpfer und Heuschrecken sowie Schnecken, kleine Eidechsen und Baumfrösche.

Ein Weißbüschelaffe schaut neugrierig um die Ecke. Foto: Anton Säckl
Ein Weißbüschelaffe schaut neugrierig um die Ecke. Foto: Anton Säckl

Lebensraum und Lebensweise

Weißbüschelaffen besiedeln verschiedene Waldtypen. Da sie sehr anpassungsfähig sind, kommen sie in den feuchten Regen- und Küstenwäldern Brasiliens ebenso vor wie in der steppenartigen Dornensavanne (Caatinga). Auch in vorstädtischen Gartenanlagen, landwirtschaftlichen Plantagen und sogar in den Stadtparks von Rio de Janeiro sind sie anzutreffen. Die meiste Zeit des Tages verbringen die Affen auf den Bäumen mit Nahrungssuche und –aufnahme. Nachts schlafen sie in Lianen und Astgablungen der Baumkronen. Die Größe ihrer Streifgebiete wird maßgeblich vom Angebot der exsudatproduzierenden Bäume bestimmt und umfasst meist nur zwei bis sechs Hektar. Während der täglichen Nahrungssuche wandern die Affen zwischen 500 Meter und einem Kilometer.

Weißbüschelaffenpaar mit zwei Jungtieren. Foto: Manfred Eberle
Weißbüschelaffenpaar mit zwei Jungtieren. Foto: Manfred Eberle

Sozialverhalten und Fortpflanzung

Weißbüschelaffen leben in der Regel in Gruppen von drei bis 15 Individuen, die meist bis zu vier erwachsene Männchen und Weibchen sowie ihre Jungtiere umfassen. Werden die Gruppen zu groß, wandern beide Geschlechter ab, wobei die Weibchen die Gruppen häufiger verlassen. Dominiert wird die Gruppe von einem Zuchtpaar, das sich in der Regel als einziges fortpflanzt. Alle anderen Mitglieder der Gruppe organisieren sich um das Paar in einer altersabhängigen, lockeren Rangordnung. Das Paarungssystem der Weißbüschelaffen ist sehr komplex und variabel. Frühere Studien, die mit Weißbüschelaffen in der Haltung durchgeführt wurden, wiesen auf ein ausschließlich monogames Reproduktionssystem hin. Im Freiland konnten dagegen neben der Monogamie auch polyandrische (ein dominantes Weibchen paart sich mit mehreren Männchen) und polygyne (ein dominantes Männchen paart sich mit mehreren Weibchen) Paarungssysteme beobachtet werden.

Geburten finden bei Weißbüschelaffen das ganze Jahr über statt, häufen sich aber von Oktober bis Dezember (Trockenzeit) und von April bis Juli (Regenzeit). Die Tragzeit eines Weibchens beträgt rund 145 Tage. Weißbüschelaffen bringen fast ausschließlich Zwillinge zur Welt. Die Jungen unterscheiden sich von den erwachsenen Tieren durch ihre dunkler gefärbten Ohrbüschel. Ihre Versorgung (Tragen, Säugen) bedeutet einen hohen Energieaufwand für das Weibchen. Die Aufzucht der Jungen ist deshalb nicht nur den Muttertieren überlassen. Alle anderen Gruppenmitglieder, vor allem erwachsene Männchen, kümmern sich intensiv um den Nachwuchs (Helfer-System). Die Jungtiere bekommen etwa zehn Wochen lang Muttermilch, nehmen jedoch schon ab der vierten Woche feste Nahrung zu sich. Nach drei bis vier Monaten sind die Jungtiere weitgehend selbständig und nach circa 15 Monaten vollständig ausgewachsen.

 

Quelle: Handbook of the Mammals of the World: Primates (edited by Mittermeier, R.A., Ryland, A.B., Wilson D.E., published by Lynx Edicions, Conservation International, IUCN, 2013)

Verbreitung

Verbreitungsgebiet der Weißbüschelaffen in Brasilien. Abbildung: Sylvia Siersleben
Verbreitungsgebiet der Weißbüschelaffen in Brasilien. Abbildung: Sylvia Siersleben

Steckbrief Weißbüschelaffe

Steckbrief Weißbüschelaffe
Wissenschaftlicher NameCallithrix jacchus
Taxonomie

Teilordnung: Neuweltaffen

Familie: Krallenaffen

Gattung: Marmosetten

Art: Weißbüschelaffe

VerbreitungNordostbrasilien
Kopf-Rumpf-Länge

16 - 21 cm (Männchen)

17 - 20 cm
(Weibchen)

Schwanzlänge

25 - 31 cm (Männchen)

24 - 30 cm
(Weibchen)

Gewicht

317,9 g
(Männchen, n=68)

322 g
(Weibchen, n=86)

ErnährungExsudate (Gummis) und Pflanzensäfte von Bäumen und Lianen, Früchte, Blüten, Nektar, Pilze, Baumrinde, Insekten, Spinnen, Schnecken, kleine Echsen, Vogeleier, Baumfrösche, kleine Nagetiere
Lebensstiltagaktiv, baumlebend
Soziale Organisationgemischt-
geschlechtlicher
Familienverband, in der Regel mit einem dominanten Zuchtpaar
Paarungssytemmonogam, polyandrisch, polygyn
Lebenserwartung
(Haltung)
bis zu 15 Jahre
Status
(IUCN Rote Liste)
nicht gefährdet