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Vergleichende Endokrinologie

Der vergleichende Ansatz stellt eine wichtige Standardmethode in der Evolutionsbiologie dar. Indem er wesentlich dazu beiträgt Speziesunterschiede in Fortpflanzungscharakteristika zu verstehen, liefert er auch wertvolle Einblicke in die adaptive Bedeutung von Reproduktionsprozessen und der ihnen zugrunde liegenden physiologischen Kontrollmechanismen. Die Verfügbarkeit von artübergreifend anwendbaren nicht-invasiven Methoden sowie unsere Arbeiten im Bereich der Freilandendokrinologie als neue Disziplin innerhalb der Primatologie, haben hier aufregende neue Möglichkeiten für vergleichende Untersuchungen eröffnet.  

Unsere Aktivitäten konzentrieren sich auf dabei auf die 3 folgenden Bereiche:

 

(c) DPZ, 2008 (Laboratory Work)
Susilo Hadi von der Gadjah Mada University (Yogyakarta, Indonesien) bei der Einarbeitung in die Methoden der fäkalen Hormonanalyse. Als Teil einer gemeinsamen Initiative mit dem Anthropologischen Institut der Universität Zürich engagieren wir uns auch in der Etablierung eines Hormonlabors an der Agricultural University Bogor, um Studien zur Wildbiologie in Indonesien zu unterstützen.

Endokrinologische Diagnostik

Unser Hormonlabor unterstützt ein weites Spektrum an Methoden zur Messung von Steroidhormonenen, insbesondere aus Urin und Kot. Das Labor und unsere Pionierarbeit in der Entwicklung von Methoden zur nicht-invasiven Erfassung des physiologischen Status bilden die Grundlage für ein umfangreiches Serviceangebot an endokrinolo- gischer Diagnostik für die Wissenschaftsgemeinde und Zoologische Gärten. Zudem übernimmt das Labor eine bedeutende Rolle bei der Ausbildung und dem Technologietransfer. Natürlich unterstützt das Hormonlabor auch die Arbeiten anderer Abteilungen im Deutschen Primatenzentrum und liefert essenzielle Unterstützung für unser eigenes vergleichendes und freiland-basiertes Forschungsprogramm.

Variation in Fortpflanzungscharakteristika

Primaten zeichnen sich durch einen ungewöhnlich hohen Grad an Variation in reproduktiven Prozessen und Charakteristika aus, der bislang nur unzureichend erklärt und wenig beachtet wurde. Nicht-invasive Methoden helfen uns hier die Physiologie von Artunterschieden in ovariellen Zykluscharakteristika und der Trächtigkeitslänge bei Primaten zu untersuchen und damit die adaptive Bedeutung dieser enormen Variation besser zu verstehen.

(c) Daffner (Mouse Lemur Sonograph)
Ultraschallbild eines Mausmaki-Fötus am Tag 29 der 64 Tage dauernden Trächtigkeit. In diesem Stadium besitzt der Fötus eine Größe von ca. 9 mm (hervorgehoben durch die gelben Punkte, der Kopf befindet sich links) und der Herzschlag ist sichtbar.

Eine Gruppe von besonderem Interesse in diesem Zusammenhang sind die Vertreter der strepsirhinen Primaten (Halbaffen), die nicht nur untereinander eine extreme Variation in o.g. Charakteristika zeigen, sondern sich zudem sehr deutlich von ihren anthropoiden Verwandten unterscheiden.

In einem gemeinsamen Projekt mit der Universität Roehampton, UK, untersuchen wir mögliche Zusammenhänge zwischen der embryonalen und fetalen Entwicklung mit den hormonellen Veränderungen während der Trächtigkeit bei verschiedenen Lemurenarten mit dem Ziel, die reproduktiven Lebenslaufparameter dieser Arten zu charakterisieren.

Endokrine Korrelate von Umwelt- und sozialen Stressoren

Aufgrund der negativen Auswirkungen einer erhöhten Stressbelastung auf die Gesundheit und die Fortpflanzung von Individuen, kommt der Erfassung der Stressphysiologie bei in natürlichen Populationen lebenden Primaten aus Natur- und Arterhaltungsgründen sowie Gründen der artgerechten Tierhaltung eine besondere Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang könnte die Messung von Stresshormonen (Glukokortikoide) im Kot als hilfreicher Bioindikator für den Gesundheitsstatus und die Überlebenswahrscheinlichkeit potenziell gefährdeter Populationen dienen. Unser ultimates Ziel liegt deshalb darin, den Zusammenhang zwischen dem Grad an potentiellem Stress und Fortpflanzungsparametern in freilebenden Primatenpopulationen zu untersuchen.

(c) Tuanan Orangutan Research Project AIM-UZH, 2003 (Orangutan with child)
Orangutans sind, wie viele andere Arten auch, durch zunehmende menschliche Störungen und einen enormen Verlust an Lebensraum bedroht. In welchem Umfang diese Umweltfaktoren zu chronischem Stress bei den Tieren führen und wie sich dieser möglicherweise auf das Fortpflanzungspotenzial von Populationen auswirkt, ist ein Schwerpunkt unserer Studien.

In einem gemeinsamen Projekt mit dem Anthropologischen Institut der Universität Zürich studieren wir die Auswirkungen von Umweltvariablen (Regenmenge, Nahrungsverfügbarkeit, Habitattyp, Grad an menschlicher Störung) auf die Stresshor- monausscheidung bei freilebenden Borneo- und Sumatra-Orangutans Das Projekt ist Teil einer langfristigen Studie zur Identifizierung der Ursachen des geringen Reproduktionserfolges und Populationsrückgangs bei Orangutans.

In ähnlicher Richtung arbeiten wir mit der Universität Durham, UK, zusammen, um den Einfluss von Ökotourismus auf die Stressphysiologie und den Gesundheitsstatus des stark bedrohten westlichen Flachlandgorillas zu untersuchen. Wir sind zudem involviert in ein Projekt mit der Veterinärmedi- zinischen Fakultät der Universität Zürich, in dem die Rolle von Stress als mögliche Ursache des geringen Fortpflanzungserfolgs bei in Menschenobhut gehaltenen Schopfgibbons untersucht wird.