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Rhesusfaktor – Sicherheit bei Schwangerschaft und Bluttransfusion

Das Foto zeigt zwei Affen.
Zwei Rhesusmakaken (Macaca mulatta) in der Tierhaltung des Deutschen Primatenzentrums. Der Rhesusfaktor des menschlichen Blutes wurde durch Versuche mit solchen Tieren entdeckt. Foto: Anton Säckl

Dass dieses Charakteristikum des menschlichen Blutes auf Erkenntnisse aus Tierversuchen mit Affen zurückgeht, sagt schon der Name: Rhesusfaktor leitet sich vom Rhesusaffen (Macaca mulatta) ab. Diese Affen weisen den Faktor ebenfalls auf und der Name geht auf die Verwendung von Erythrozyten (rote Blutkörperchen) aus dem Blut von Rhesusaffen für die Gewinnung der ersten Testseren zurück. Als Serum wird Blut bezeichnet, wenn es von den festen, gerinnungsfähigen Zellbestandteilen befreit ist. Der Österreicher Karl Landsteiner und sein Kollege Alexander Wiener wollten um das Jahr 1940 wissen, warum bei Bluttransfusionen trotz Berücksichtigung des zuvor selbst entdeckten wichtigsten menschlichen Blutgruppensystems „AB0" manchmal Schockwirkungen auftraten, die teils sogar tödlich endeten. Sie mussten wissen, warum manche Menschen auf Blutspende quasi "allergische" Reaktionen des Immunsystems zeigten. Dazu entnahmen sie Rhesus-Affen, die dem Menschen sehr ähnlich sind, Blut und "impften" damit Meerschweinchen. Die Nager produzierten daraufhin in ihrem Blut gegen den aufgezwungenen Fremdstoff einen Abwehrstoff. Aus diesem Meerschweinchenblut wiederum gewannen die Forscher ein Serum, das sie hundert menschlichen Blutproben zusetzten, von denen jede von einem anderen Spender stammte. Das Ergebnis: Etwa 85 der Proben verklumpten, 15 blieben unbeeinflusst. Der Rhesus-Faktor war entdeckt und wurde zum zweitwichtigsten Blutgruppensystem des Menschen.

Der Rhesusfaktor kann in zwei verschiedenen Situationen Menschen schaden, im schlimmsten Fall sogar tödlich sein: Bei Bluttransfusionen und bei Schwangerschaften. Oberflächenproteine auf der Hülle der roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die manche Menschen besitzen und andere nicht, ergeben den Rhesusfaktor: positiv („Rh+") bei Existenz der Proteine, negativ („Rh-") ohne. Etwa 15 Prozent aller Europäer fehlt dieser Faktor im Blut. Die Oberflächenproteine sorgen dafür, dass das Blut von Rhesus-positiven Menschen bei einer Blutübertragung vom Immunsystem des Rhesus-negativen Menschen als Fremdkörper angesehen wird, so dass Antikörper dagegen gebildet werden. Bei einer erneuten Bluttransfusion kann es dann zu einer lebensbedrohlichen Reaktion des Immunsystems auf das gespendete Blut kommen.

In diesem Video werden die beiden wichtigsten Blutgruppensysteme des Menschen, AB0 und Rhesusfaktor, im Detail erklärt und ihre Funktion im Körper erläutert.

Eine ähnliche Konstellation kann bei wiederholt schwangeren Frauen entstehen, Rhesus-Inkompatibilität genannt: Wenn eine Rhesus-negative Frau mit einem Rhesus-positiven Kind schwanger ist, was bei einem entsprechenden Vater auftreten kann. Dabei bildet der Rhesus-negative Organismus der Frau während der ersten Schwangerschaft Antikörper gegen die Rhesus-positiven Erythrozyten und es kommt bei der nächsten Schwangerschaft zur Hämolyse beim Kind. Als Hämolyse bezeichnen Mediziner die Auflösung von roten Blutkörperchen, die unter anderem dazu führt, dass der Fötus nicht gut genug mit Sauerstoff versorgt werden kann. Diese Gefahr kann für das Kind tödlich sein, in jedem Fall drohen aber schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen. Laut dem Mediziner Reinhard Roos ergibt sich statistisch bei etwa jeder zehnten Schwangerschaft eine solche Konstellation, die Gefahr betrifft also durchaus eine hohe Zahl Schwangerer.

Der routinemäßige Test der Blutgruppen, der seit der Entdeckung des Rhesusfaktors möglich ist, bewahrt also viele Babys im Mutterleib und auch Empfänger von Bluttransfusionen bei schweren Operationen vor großen Gefahren. Ohne den Einsatz von Rhesusaffen in der Grundlagenforschung wäre dies nicht möglich gewesen. Wie zahlreiche andere Forscher, die auf Tierversuche angewiesen waren, erhielt Karl Landsteiner für seine lebensrettenden Ergebnisse den Nobelpreis für Medizin.