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Infektionskrankheit Frambösie soll ausgerottet werden

Erreger in Affen könnten dabei zum Problem werden
Eine Kultur des Bakteriums Treponema pallidum. Foto: David Cox, by Photo Credit: Content Providers(s): CDC/ Dr. David Cox [Public domain], via Wikimedia Commons
Dr. Sascha Knauf ist Wissenschaftler in der Abteilung Infektionspathologie am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Karin Tilch
Dr. Sascha Knauf ist Wissenschaftler in der Abteilung Infektionspathologie am Deutschen Primatenzentrum. Foto: Karin Tilch
Infektionen mit Treponema pallidum konnten bei Anubis-Pavianen in Tansania nachgewiesen werden. Die Affen leben in großen Gruppen. Krankheiten werden deshalb leicht von einem Tier auf das andere aber auch auf den Menschen übertragen. Foto: Sascha Knauf
Infektionen mit Treponema pallidum konnten bei Anubis-Pavianen in Tansania nachgewiesen werden. Die Affen leben in großen Gruppen. Krankheiten werden deshalb leicht von einem Tier auf das andere aber auch auf den Menschen übertragen. Foto: Sascha Knauf
Ein männlicher Anubis-Pavian mit Treponema pallidum-Infektion. Foto: Sascha Knauf
Ein männlicher Anubis-Pavian mit Treponema pallidum-Infektion. Foto: Sascha Knauf

Mit einer neuen Behandlungsstrategie will die Weltgesundheitsorganisation die tropische Infektionskrankheit Frambösie bis zum Jahr 2020 weltweit ausrotten. Die Krankheit gehört zu den „vernachlässigten Tropenkrankheiten“, die häufig in den ärmsten Ländern der Welt vorkommen und nur unzureichend behandelt werden. Eine Infektion löst zunächst starke Haut-Wucherungen im Gesicht und an den Gliedmaßen aus, die im Spätstadium schließlich zur Zerstörung von Knochen- und Knorpelgewebe und damit zu irreparablen Verformungen des Skeletts führen. Ein internationales Team von Infektionsforschern, darunter auch Sascha Knauf vom Deutschen Primatenzentrum, resümieren in einem jetzt erschienen Fachartikel zentrale Forschungsansätze im Kampf gegen die Krankheit und geben Empfehlungen, um den Herausforderungen der großangelegten WHO-Kampagne erfolgreich zu begegnen. Unklar ist bislang, wie Frambösie entstanden ist und wie sie übertragen wird. Entgegen bisheriger Annahmen vermuten die Forscher ein natürliches Reservoir des Frambösie-Erregers in wildlebenden Affenarten. (The Lancet Infectious Diseases, 2015).

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) konzentriert sich derzeit auf 17 vernachlässigte Tropenkrankheiten, die zwar nicht tödlich sind, jedoch während ihres meist chronischen Verlaufs zu Entstellungen und Behinderungen bei den Betroffenen führen. Neben Frambösie gehören beispielsweise auch die durch Fadenwürmer verursachte Flussblindheit und Elephantiasis zu dieser Kategorie. Zwei Krankheiten, für deren medikamentöse Behandlung die Wissenschaftler William C. Campbell und Satoshi Omura erst kürzlich den Medizin-Nobelpreis 2015 erhalten haben.

Frambösie wird von dem Bakterium Treponema pallidum ssp. pertenue verursacht, einer Unterart des Syphilis-Erregers Treponema pallidum ssp. pallidum. Im Gegensatz zu der Geschlechtskrankheit wird Frambösie jedoch nicht sexuell übertragen sondern hauptsächlich durch direkten Hautkontakt. Eine Therapie von Frambösie ist mit Antibiotika möglich. Bereits in den 1950er und 1960er Jahren versuchte die WHO in einer großangelegten Kampagne, die Krankheit auszurotten. Rund 300 Millionen Menschen wurden in 50 betroffenen Ländern mit Penicillin-Spritzen behandelt. Das führte zwar zu einem 95-prozentigen Rückgang der Erkrankung, konnte sie jedoch nie vollständig auslöschen. Im Jahr 2007 meldete die WHO die Rückkehr der fast vergessenen Krankheit in Afrika, Südostasien und den Pazifik-Regionen. Derzeit ist Frambösie in 13 tropischen Ländern nachgewiesen und ist besonders in Papua-Neuguinea, Ghana und Indonesien weit verbreitet.

Eine Studie des Infektionsforschers Oriol Mitjà in Papua-Neuguinea zeigte 2012, dass Frambösie auch durch eine einzige Tablette des Antibiotikums Azithromycin therapierbar ist (The Lancet, 2012). Da Azithromycin besser verträglich ist als Penicillin und das Schlucken einer Tablette deutlich einfacher ist als das Verabreichen einer Spritze, startete die WHO im selben Jahr eine neue Kampagne. Ziel ist es, die Krankheit mit Hilfe des neuen Antibiotikums bis zum Jahr 2020 endgültig zum Verschwinden zu bringen (WHO - Weekly Epidemiological Records, 2012).

In den vergangenen drei Jahren wurden bereits Pilotprojekte in Ländern wie Ghana, Vanuatu und Papua-Neuguinea gestartet. „Im Zuge des Programms haben sich neue Fragen und Herausforderungen ergeben, denen wir begegnen müssen, um die Krankheit vollständig auszurotten“, sagt Sascha Knauf, Wissenschaftler in der Abteilung Infektionspathologie des Deutschen Primatenzentrums. Er forscht an verschiedenen Stämmen des Treponema-Bakteriums, das grundsätzlich auch Affen infiziert. „Eine der wichtigsten Fragen ist, ob der Erreger der Frambösie möglicherweise zwischen Affen und Menschen übertragbar ist. Sollte das der Fall sein, hätte das einen enormen Einfluss auf den Erfolg der WHO-Kampagne, da die Affen einen immerwährenden Ansteckungsherd für die Menschen darstellen“, sagt er.

Bisher wurde angenommen, dass Frambösie nur im Menschen vorkommt und kein natürliches Reservoir im Tierreich besitzt. 2012 hatte Sascha Knauf den Erreger jedoch zusammen mit seinem Forscherteam in Anubis-Pavianen in Tansania nachgewiesen (Veterinary Pathology, 2012). „Die Tiere zeigten Geschwüre an ihren Genitalien ähnlich denen, die beim Menschen durch den Syphilis-Erreger hervorgerufen werden“, erklärt er. „Durch nachfolgende genetische Untersuchungen haben wir herausgefunden, dass der Bakterienstamm in den Pavianen genetisch dem Frambösie-Erreger des Menschen ähnelt.“

Auch bei Gorillas und Schimpansen konnte die Krankheit beobachtet und nachgewiesen werden. Besonders Gorillas zeigen die klassischen Frambösie-Symptome im Gesicht. Infizierte Affenarten können in Afrika überall dort gefunden werden, wo die Krankheit auch unter den Menschen verbreitet ist. Sascha Knauf sieht darin einen Hinweis, dass Frambösie auch zwischen Menschen und Affen übertragbar ist. Da in Afrika Affen auch als Haustiere gehalten oder von Menschen gegessen werden, kann der Kontakt bei der Jagd oder der Zubereitung des Essens eine Übertragung der Krankheitserreger verursachen.

„Krankheiten wie Pocken oder Polio konnten auch deshalb so erfolgreich bekämpft werden, weil sie kein Reservoir im Tierreich hatten“, fasst Sascha Knauf zusammen. „Wenn Affen auch Überträger des Frambösie-Erregers sind, muss das im Hinblick auf das erneute WHO-Programm berücksichtigt werden. Die Gesundheit von Mensch und Tier ist untrennbar miteinander verbunden. Nur wenn wir nach diesem „One-Health-Ansatz“ zusammenarbeiten und forschen kann die Frambösie ausgerottet werden. Damit schützen wir schlussendlich nicht nur die Menschen sondern auch viele bedrohte Affenarten.“

Originalpublikation

Marks M, Mitja O, Vestergaard LS, Pillay A, Knauf S, Chen CY et al. (2015): Challenges and key research questions for yaws eradication. The Lancet Infectious Diseases. doi: 10.1016/S1473-3099(15)00136-X. PubMed PMID: 26362174