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Prompte Hilfe für Freunde

Bei Bedrohungen durch Raubfeinde reagieren Schopfmakaken schneller, wenn ein sozial eng verbundenes Tier um Hilfe ruft
Soziale Fellpflege (grooming) zwischen einer Schopfmakakenmutter und einem jungen Weibchen im Indonesischen Tropenwald nahe der Forschungsstation Tangkoko. Foto: Antje Engelhardt/Macaca Nigra Project
Das Modell eines Python, das Wissenschaftler des Macaca Nigra Project Schopfmakaken gezeigt haben, um deren Alarmrufe aufzunehmen. Foto: Jérôme Micheletta/ Macaca Nigra Project

Verhaltensforscher vom Deutschen Primatenzentrum Göttingen haben gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Portsmouth und Bogor bei Feldforschungen in Indonesien herausgefunden, dass Schopfmakaken schneller auf Hilferufe von Artgenossen reagieren, wenn sie mit diesen in einem engen sozialen Verhältnis stehen. Die Wissenschaftler um Antje Engelhardt, Leiterin der Nachwuchsgruppe Sexuelle Selektion bei Primaten, haben dazu die sogenannten Rekrutierungsrufe der Tiere aufgezeichnet, die sie abgeben, wenn ein Raubfeind wie eine Python-Schlange zu sehen ist. Damit locken die Affen ihre Gruppengenossen herbei, um die Schlange gemeinsam zu vertreiben. Nach der Aufzeichnung haben die Forscher verschiedenen Affen der Gruppe die Rufe wieder vorgespielt, um ihre Reaktionen zu dokumentieren. Die Affen bekamen sowohl die Rufe von "Freunden" als auch von weniger gut befreundeten Gruppenangehörigen zu hören. Auf die Rufe der "befreundeten" Tiere reagierten sie deutlich schneller als auf die anderen. Die Studie erlaube auch Rückschlüsse auf die Entwicklung von sozialen Beziehungen bei Menschen, folgern die Forscher (Proceedings of the Royal Society B).

Ob die Wissenschaftler der Nachwuchsgruppe Sexuelle Selektion bei Primaten des Deutschen Primatenzentrums geahnt haben, dass Sie einmal Python-Schlange spielen würden, um ihr Forschungsziel zu erreichen? Wahrscheinlich nicht. Aber nur so konnten die Forscher um Antje Engelhardt in der Forschungsstation Tangkoko in Indonesien den Einfluss sozialer Bindungen auf die Reaktionen der Schopfmakaken auf ihre Raubfeinde untersuchen. Mit einem lebensgroßen Modell eines Python versteckten sie sich hinter Bäumen und zeigten die Papp-Schlange verschiedenen Schopfmakaken. Kollegen zeichneten dann die Rufe auf, die die Makaken nach der Sichtung ausstießen, um ihre Artgenossen herbeizurufen. Wegen dieser sogenannten Rekrutierungs-Rufe kommen die Gruppenmitglieder dem Rufer dabei zur Hilfe, die Raubfeinde gemeinsam zu verscheuchen.

Die Verhaltensforscher sind so der Frage nachgegangen, ob die Makaken unterschiedlich reagieren, je nachdem, wie nahe ihnen der Rufer steht: Die aufgezeichneten Rufe der verschiedenen Tiere haben sie später anderen Makaken vorgespielt. Mal war es der Ruf eines "Freundes", mal der eines Makaken, zu dem der Zuhörer keine intensive soziale Bindung hatte.

Mit Videokameras zeichneten die Forscher auf, wie die Schopfmakaken auf die Rufe reagierten und kamen zu folgendem Ergebnis: Kam der Rekrutierungsruf von einem Tier, mit dem die Hörer eine enge Bindung hatten, reagierten sie deutlich schneller als bei den anderen. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass enge soziale Bindungen, die über Verwandtschaft hinausgehen, schon weit vor der Menschwerdung eine zentrale Rolle spielten", sagt Antje Engelhardt. "Der gemeinsamen Verteidigung gegen Raubfeinde scheint dabei eine große Bedeutung zuzukommen."

Originalpublikation

Micheletta, Jérôme, Bridget M. Waller, Maria R. Panggur, Christof Neumann, Julie Duboscq, Muhammad Agil and Antje Engelhardt: Social bonds affect anti-predator behaviour in a tolerant species of macaque, Macaca nigra. In: Proceedings of the Royal Society B, August 2012

Kontakt
Dr. Antje Engelhardt
Nachwuchsgruppe "Sexuelle Selektion bei Primaten"
Tel: +49 551 3851-202
E-Mail: aengelhardt(at)dpz.eu

Christian Kiel (Stabssstelle Kommunikation)
Tel: +49 551 3851-424
E-Mail: ckiel(at)dpz.eu

Die Deutsches Primatenzentrum GmbH (DPZ) - Leibniz-Institut für Primatenforschung betreibt biologische und biomedizinische Forschung über und mit Primaten auf den Gebieten der Infektionsforschung, der Neurowissenschaften und der Primatenbiologie. Das DPZ unterhält vier Freilandforschungsstationen in den Tropen und ist Referenz- und Servicezentrum für alle Belange der Primatenforschung. Das DPZ ist eine der 86 Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. Beispiel-Videos aus der Studie Hier finden Sie die Originalpublikation und auch drei kurze Filme, die während des Versuchs gedreht wurden und das Verhalten der Makaken zeigen. Audiodateien aus der Studie Finden Sie unter diesem Text. Sie enthalten Rekrutierungsrufe zweier verschiedener Schopfmakaken, die für die Studie aufgezeichnet wurden.