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Ziemlich beste Verwandte

Mandrills pflegen enge Artgenossen mütterlicherseits trotz Infektion
Gegenseitige Fellpflege zwischen einer Mutter und ihren Töchtern. Bei Mandrills reduzieren enge Verwandte mütterlicherseits ihre Pflegeaktivitäten nicht, auch wenn sich damit das Risiko einer Ansteckung für sie erhöht. Foto: Paul Amblard-Rambert
Ein junges Mandrill-Weibchen pflegt seiner Mutter das Fell. Körperkontakt ist die ideale Basis für die Verbreitung von Krankheitserregern. Foto: Paul Amblard-Rambert
Ein junges Mandrill-Weibchen pflegt seiner Mutter das Fell. Körperkontakt ist die ideale Basis für die Verbreitung von Krankheitserregern. Foto: Paul Amblard-Rambert
Ein Weibchen pflegt einem dominanten Männchen das Fell. Um die Übertragung von Krankheitserregern zu stoppen vermeiden Mandrills Artgenossen zu pflegen, die keine engen Verwandten mütterlicherseits sind. Foto: Paul Amblard-Rambert
Ein Weibchen pflegt einem dominanten Männchen das Fell. Um die Übertragung von Krankheitserregern zu stoppen vermeiden Mandrills Artgenossen zu pflegen, die keine engen Verwandten mütterlicherseits sind. Foto: Paul Amblard-Rambert
Clémence Poirotte ist Wissenschaftlerin am Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung. Sie hat untersucht wie Mandrills mit Artgenossen, die mit Darmparasiten infiziert sind umgehen. Foto: Privat
Clémence Poirotte ist Wissenschaftlerin am Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung. Sie hat untersucht wie Mandrills mit Artgenossen, die mit Darmparasiten infiziert sind umgehen. Foto: Privat

Entscheidend für unser Wohlbefinden sind unsere körperliche und psychische Verfassung. Beim Menschen sind in der Regel daher diejenigen zufriedener und gesünder, die ein stabiles Netzwerk aus Freunden und Verwandten besitzen. Affen betreiben gegenseitige Fellpflege, um ihre sozialen Beziehungen zu pflegen und dadurch Stress und Konflikte zu minimieren. Die Kehrseite: Der enge Körperkontakt begünstigt die Verbreitung von Krankheitserregern. Infizierte Tiere zu meiden, wäre eine mögliche Strategie, um die Übertragung zu stoppen. Mandrills sind hierzu in der Lage, da sie infizierte Artgenossen am Geruch erkennen können. Clémence Poirotte vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen und Marie Charpentier vom Institut des Sciences de l’Evolution de Montpellier (CNRS) haben nun gezeigt, dass die Tiere nicht alle infizierten Gruppenmitglieder gleichermaßen meiden. Enge Verwandte mütterlicherseits reduzieren ihre Pflegeaktivitäten untereinander nicht, auch wenn sich damit das Risiko einer Ansteckung für sie erhöht (Biology Letters).

Clémence Poirotte nutzte für ihre Studie Daten zum Verhalten und zum Ausmaß des Parasitenbefalls, die an einer wilden Mandrill-Population im Lékédi-Park im Süden Gabuns über einen Zeitraum von sechs Jahren gesammelt wurden. Die Population umfasst etwa 220 Affen, die seit 2012 im Rahmen der Langzeitstudie „Mandrillus Project“ unter der Leitung von Marie Charpentier untersucht werden. Die in den dichten Regenwäldern lebenden Altweltaffen sind von verschiedenen Darmparasiten befallen, die die Gesundheit der Tiere beeinträchtigen. Die Ansteckung erfolgt über Körperkontakt, insbesondere durch die soziale Fellpflege. Innerhalb des „Mandrillus Project“ werden regelmäßig Häufigkeit und Dauer sozialer Aktivitäten und der Verwandtschaftsgrad der Tiere mit Hilfe genetischer Analysen bestimmt. Zudem werden täglich Kotproben gesammelt, um den Parasitenbefall der Tiere zu untersuchen: Bis zu sieben verschiedene Parasiten (Amöben) besiedeln die Affen. 

In vielen Primatengesellschaften, so auch bei den Mandrills, treten in der Regel hoch differenzierte soziale Bindungen zwischen eng verwandten Gruppenmitgliedern auf.
Die Strategie der Mandrills, riskante Kontakte nicht gänzlich zu vermeiden, sondern die Bindungen zwischen Mutter und Kindern sowie unter Halbgeschwistern mütterlicherseits aufrechtzuhalten, stabilisiert die sozialen Beziehungen. „Selbst wenn die eng verwandten Artgenossen hochgradig ansteckend sind, scheinen die sozialen Auswirkungen des reduzierten Köperkontakts schädlicher zu sein als die hygienischen oder physiologischen Nachteile, die mit der gegenseitige Fellpflege einhergehen“, sagt Clémence Poirotte

Originalpublikation
Poirotte C, Charpentier MJE. 2020 Unconditional care from close maternalkin in the face of parasites. Biol. Lett.16:20190869. http://dx.doi.org/10.1098/rsbl.2019.0869