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Neue Nachwuchsgruppe erforscht kooperatives Verhalten

Welche ökologischen und sozialen Faktoren beeinflussen die Gruppendynamik bei Schimpansen und Bonobos?
Schimpansen pflegen enge soziale Bindungen innerhalb ihrer Gruppe und bekämpfen gemeinsam benachbarte Gruppen. Foto: Liran Samuni/Taï Chimpanzee Project
Dr. Liran Samuni beobachtet das Sozialverhalten einer Gruppe Bonobos im Kokolopori-Bonobo-Reservat in der Demokratischen Republik Kongo. Foto: Dr. Erin Wessling
Dr. Liran Samuni beobachtet das Sozialverhalten einer Gruppe Bonobos im Kokolopori-Bonobo-Reservat in der Demokratischen Republik Kongo. Foto: Dr. Erin Wessling
Dr. Liran Samuni ist seit Anfang Mai Leiterin der Nachwuchsgruppe „Kooperative Evolution der Primaten“ am DPZ. Foto: Karin Tilch
Dr. Liran Samuni ist seit Anfang Mai Leiterin der Nachwuchsgruppe „Kooperative Evolution der Primaten“ am DPZ. Foto: Karin Tilch

Im Forschungsbereich Organismische Primatenbiologie hat Anfang Mai eine Nachwuchsgruppe unter Leitung der Verhaltensökologin Liran Samuni die Arbeit aufgenommen. Ihre Forschung wird über das Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für voraussichtlich sechs Jahre gefördert. Im Fokus der geplanten Projekte stehen soziale und ökologische Faktoren, die die Gruppendynamik sozialer Verbände von Schimpansen und Bonobos beeinflussen. Dafür konzentrieren die Forschenden sich zunächst auf drei Fragestellungen: Wie wirkt sich Nahrungsknappheit und Konkurrenz auf das Überleben von Schimpansen und Bonobos aus? Lösen sie Herausforderungen ihrer Umwelt durch Kooperation und Innovation? Und wie prägen Umweltschwankungen und Konkurrenz zwischen Gruppen die sozialen Strategien dieser beiden Arten?

Hormone und Verhalten
Um sich diesen Fragen anzunähern, plant Samuni mit ihrem Team vergleichende Studien an freilebenden Schimpansen und Bonobos. Dafür werden die Forschenden das Verhalten der Tiere direkt im Freiland beobachten und zusätzlich Filmmaterial aus Kamerafallen auswerten. Ergänzend zu den Verhaltensdaten sollen Urin-, Kot- und Haarproben für hormonelle und genetische Analysen gesammelt werden. „Ich bin besonders daran interessiert, Verhaltensdaten sozialer Interaktionen mit hormonellen Biomarkern in Verbindung zu bringen“, betont Samuni. Sie erhofft sich, die zugrundeliegenden physiologischen Prozesse aufzudecken, die kooperatives und prosoziales Verhalten von Individuen innerhalb einer Gruppe fördern.

Karge Steppe, üppiger Wald
Samuni tritt ihre erste Forschungsreise vom DPZ aus bereits Anfang Juni an: Ihr Ziel ist eine bisher kaum erforschte Schimpansen-Population in der Steppenlandschaft des Moyen-Bafing-Nationalparks in Guinea. Sie vermutet, dass die Schimpansen in Guinea besonders eng mit ihren Gruppenkameraden kooperieren und kulturelles Wissen weitergeben, um in der Steppe überleben zu können. So erlernen die Jungtiere beispielsweise, mithilfe von bearbeiteten Ästen nährstoffreiche Algen aus Gewässern zu fischen. Schimpansen im reichhaltigen Regenwald des Taï-Nationalparks an der Elfenbeinküste zeigen solches Verhalten nicht. Erstmals sollen jetzt die Verhaltensstrategien der Schimpansen in der Steppe und im Wald systematisch verglichen werden.

Krieg und Frieden
Außerdem sind Studien an wildlebenden Bonobos im Kokolopori-Bonobo-Reservat in der Demokratischen Republik Kongo geplant. Anders als Schimpansen begegnen Bonobos benachbarten Gruppen meist freundlich, und ihre Reviere überlappen sich stark. Manchmal pflegen sich sogar einzelne Tiere beider Gruppen gegenseitig das Fell – das ist ein drastischer Kontrast zur systematischen Kriegsführung mit Todesopfern bei Schimpansen. Dafür sind Bonobos, anders als Schimpansen, auf dicht bewaldete Gebiete mit hoher Nahrungsverfügbarkeit beschränkt und verwenden keine Werkzeuge. Samuni meint: „Unsere nächsten Verwandten bieten mit ihren unterschiedlichen Verhaltensstrategien so etwas wie ein Fenster in unsere eigene evolutionäre Vergangenheit“.