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Zahl der Versuchstiere bleibt 2018 konstant

Weiterhin über 90 Prozent Mäuse, Ratten und Fische, anhaltend effizientere Forschung
Über 90 Prozent der Versuchstiere sind Mäuse, Ratten und Fische. Foto: D. Mahler

Die Zahl der Versuchstiere ist in Deutschland 2018 gegenüber dem Vorjahr fast unverändert. Sie betrug 2.825.066 Tiere (2017: 2.807.297 Tiere). „Die Zahlen variieren von Jahr zu Jahr nur geringfügig. So ist die Zahl der Versuchstiere seit fast 10 Jahren stabil geblieben – und das trotz bundesweit erheblich steigendem Forschungsumfang in der Biomedizin“, so das Fazit von Stefan Treue, Sprecher der Initiative Tierversuche verstehen. Einzelne Entwicklungen bei den aktuellen Zahlen machen die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichten Versuchstierzahlen aber erklärungsbedürftig.

Die Zahlen umfassen 2.138.714 Tiere, die in Tierversuchen verwendet wurden sowie 686.352 Tiere, die ohne vorherige Tierversuche für wissenschaftliche Zwecke getötet wurden. Dies geschieht vor allem, um Organe, Gewebeteile oder Zellen zu entnehmen, die dann weiter untersucht werden.

Mit rund 900.000 Tieren wird ein großer Teil der Versuchstiere für die Grundlagenforschung benötigt. Treue: „Durch Grundlagenforschung verstehen wir heute viele biologische Prozesse besser, wie zum Beispiel im Kreislauf- und Immunsystem sowie im Gehirn. Dieses Wissen ist die Grundlage für die Entwicklung neuer Therapien. So entstanden fast alle medizinischen Erfolge der vergangenen 100 Jahre unter Beteiligung von Tierversuchen.“

Gesellschaftlicher Beitrag

17 Prozent der Tiere (484.254) wurden für gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche wie etwa Sicherheitstests von Chemikalien oder neuen Medikamenten eingesetzt, zum Beispiel im Kampf gegen Volkskrankheiten wie Diabetes, Krebs, Demenz oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Aus diesen regulatorischen Tierversuchen gewinnen wir eine hohe Sicherheit unserer Medikamente und wichtige Erkenntnisse über Stoffe, mit denen wir im täglichen Leben in Kontakt kommen“, so Treue. Prof. Rainer Nobiling (Universität Heidelberg) wies darauf hin, dass Versuchstiere vor allem bei regulatorischen Versuchen, bei denen vorgeschriebene Verfahrensweisen bestehen, stark belastet werden. Der Anteil hoch belasteter Tiere sei hier sieben mal so hoch wie bei Forschungsversuchen in Universitäten und anderen öffentlichen Forschungseinrichtungen. Dort können Versuchsdesigns stärker am 3R-Prinzip ausgerichtet werden.

Die mit Abstand am häufigsten eingesetzten Tiere sind mit einem Anteil von zusammen über 90 Prozent weiterhin Mäuse, Ratten und Fische. Mit einer Gesamtzahl von 3.324  Tieren ist die Verwendung nicht-humaner Primaten (Affen und Halbaffen) im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr (3.472) gesunken. Primaten werden vornehmlich in gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsprüfungen von potentiellen Medikamenten und anderen Substanzen eingesetzt. Gestiegen ist 2018 hingegen die Zahl von Hunden und Katzen in Tierversuchen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden rund 20 Prozent mehr Hunde und 6,5 Prozent mehr Katzen eingesetzt (2018: 3.993 Hunde, 765 Katzen), größtenteils in der Erforschung von Tierkrankheiten.

Auffällig bei den Zahlen für 2018 ist ein deutlicher Anstieg bei den Erhaltungszuchten von transgenen Mäusen. Diese Tiere sind genetisch verändert, aber nicht an Tierversuchen beteiligt. Der Anteil genetisch veränderter Tiere, fast ausschließlich Mäuse und Fische, stieg 2018 weiter an - gegenüber dem Vorjahr von 40 auf 45 Prozent. Diese Tiere erlauben besonders aussagekräftige Untersuchungen zum Beitrag der Gene zu Krankheiten wie Diabetes, Krebs oder Erkrankungen des Gehirns.

„Trotz vieler Fortschritte mit tierversuchsfreien oder weniger belastenden Methoden werden Tierversuche auf absehbare Zeit noch unersetzlich sein“, betonte Treue. Er weist darauf hin, dass ein Tierversuch nach dem Gesetz erst dann erlaubt ist, wenn es dafür keine Alternativen gibt. „Wir Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen reduzieren auf Basis des 3R-Prinzips, die Zahl der Versuchstiere auf das unerlässliche Mindestmaß. Hierbei geht es darum, Tierversuche möglichst zu vermeiden (Replacement) sowie die Zahl der Tiere (Reduction) und ihr Leiden (Refinement) soweit zu beschränken wie möglich.“

3R-Prinzip leistet wichtigen Beitrag

Dass dieses Prinzip einen wichtigen Beitrag leistet, zeigt sich nicht zuletzt in einem Vergleich. Die Ausgaben des Bundes für die Gesundheitsforschung sind seit dem Jahr 2010 jedes Jahr um durchschnittlich rund 6 Prozent, auf zuletzt 2,51 Mrd. Euro im Jahr 2018  gestiegen. (Quelle: Bundesbericht Forschung und Innovation 2018[1]). Die Zahl der Versuchstiere ist im gleichen Zeitraum mit rund 2,8 Millionen stabil geblieben. „Wir bekommen also zunehmend mehr wissenschaftliche Ergebnisse, die für die Medizin und den wissenschaftlichen Fortschritt wichtig sind, mit einer stabilen Zahl an Versuchstieren – das bedeutet eine jährlich abnehmende Anzahl von Versuchstieren pro Forschungsergebnis“, zieht Treue ein positives Fazit.

Auch die Belastungen der Versuchstiere in den Tests bleibt weitgehend konstant. 2018 waren 61 Prozent der Tiere gering belastet (2017: 59 Prozent), während etwa 27 Prozent bzw. weniger als 6 Prozent der Tiere einer mittleren bzw. schweren Belastung ausgesetzt waren. Rund 6,5 Prozent der Tiere erwachten versuchsbedingt nicht aus einer Vollnarkose.