
Alternativen zum Tierversuch
Tierversuche sind für die biomedizinische Forschung von großer Bedeutung. Um komplexe biologische Prozesse im menschlichen Organismus und seine Funktionsweise besser zu verstehen, sind sie noch immer unverzichtbar. Besonders Affen kommt aufgrund ihrer Ähnlichkeit zum Menschen eine besondere Rolle zu. Die Übertragbarkeit der Versuchsergebnisse ist hier höher als bei anderen Tiermodellen. Für bestimmte Fragestellungen ist es im Moment noch nicht möglich, gänzlich auf Tierversuche zu verzichten, aber die Entwicklung neuer Alternativ- und Ergänzungsmethoden in den vergangenen Jahren hat dazu beigetragen, Tierversuche in ihrer Gesamtheit zu reduzieren.
Das DPZ ist bestrebt, den Einsatz von Affen auf ein Mindestmaß zu reduzieren und wo immer es möglich ist, Alternativmethoden anzuwenden und neue Methoden zu entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen. Hierbei folgen die Forschenden dem wichtigsten ethischen Grundsatz der wissenschaftlichen Arbeit, dem 3R-Prinzip.
Zellkulturen statt Tierversuche
Organentnahmen vermeiden

Zellkulturen sind ein häufig eingesetztes Verfahren um biologische Vorgänge außerhalb des Körpers zu erforschen. Am DPZ werden dafür unsterbliche Zelllinien von Primaten verwendet. Die Zellen sind unbegrenzt teilungsfähig und verhalten sich vergleichbar wie direkt aus dem Gewebe isolierte Zellen. Durch den Einsatz dieser Zellen werden wiederholte Organentnahmen zur Zellgewinnung vermieden oder auf ein Mindestmaß reduziert und der Einsatz von Tieren dadurch deutlich verringert.
Bildgebung
Ohne invasive Eingriffe in den Körper schauen

Wie beim Menschen, so lassen sich auch beim Tier viele Fragestellungen durch den Einsatz der Magnetresonanztomographie (MRT) oder Magnetresonanzspektroskopie (MRS) beantworten. Tiere können schmerz- und stressfrei untersucht werden. Am DPZ arbeitet die Abteilung Funktionelle Bildgebung daran, solche Bildgebungsverfahren zu optimieren oder neu zu entwickeln. Der Einsatz von MRT oder MRS hilft dabei, die Forschung weiter zu präzisieren und so Tierversuche zu reduzieren oder zu vermeiden.
Versuchstiere reduzieren
Screening-Plattform für Erbgutveränderungen

Mit Hilfe der sogenannten Gen-Schere (CRISPR/Cas-System) werden genetische Defekte in die Erbinformation eingefügt. An welchen Stellen die Schere dabei schneidet, ist trotz Computersimulationen in der Praxis nicht einhundertprozentig vorhersagbar. Die Forschenden der Plattform Stammzell- und Regenerationsbiologie haben eine Screening-Plattform auf der Grundlage von Primaten-Stammzellen entwickelt. Hier können die genetischen Veränderungen bereits vorab in Zellkultur getestet werden, bevor man sie auf das Tiermodell überträgt.
Operationen vermeiden
Gewinnung von Präimplantationsembryonen

Präimplantationsembryonen von Primaten werden in der Stammzellforschung, der Reproduktionsbiologie, Entwicklungsbiologie und Genetik benötigt. Für ihre Gewinnung haben die Forschenden der Plattform Stammzell- und Regenerationsbiologie eine nicht-invasive Methode entwickelt, so dass auf eine Operation verzichtet werden kann und die Tiere weniger Belastungen ausgesetzt sind.
Organoide
Miniorgane für die Infektions- und Hirnforschung

Organoide sind dreidimensionale Gewebestücke, die die Funktionalität und Komplexität von Organen nachahmen können. Die Forschenden der Abteilung Infektionsbiologie, der Plattform Stammzell- und Regenerationsbiologie sowie der Nachwuchsgruppe Gehirnentwicklung und -evolution am DPZ nutzen die Organoide zur Erforschung von Virus-Infektionen und für Fragen zur Gehirnentwicklung.
Gamifikationsansatz
Freiwillige Teilnahme an Verhaltensuntersuchungen

In der neurowissenschaftlichen Forschung spielt das Analysieren von Wahrnehmungsmustern bei Affen eine essentielle Rolle. Indem ein vollautomatisiertes Computer-Trainingsgerät (XBI) mit Touchscreen als Einrichtungsgegenstand in den Haltungsbereich der Tiere integriert wird, kann dieser freiwillig als Beschäftigungsgerät genutzt werden. Das Spielverhalten wird aufgezeichnet. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf Lernfähigkeit und Wahrnehmung analysieren. Die Tiere wählen selber ob, wie lange und wann sie sich mit dem Gerät beschäftigen.
Stressreduktion
durch bessere Belastungseinschätzung

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte interdisziplinäre Forschendengruppe FOR 2591 – Severity Assessment in Animal Based Research will die Belastung der Tiere in Experimenten anhand empirischer Daten quantitativ ermitteln.
Skills Lab
Kunststoffmodell ersetzt Versuchstier

Das von der Abteilung Versuchstierkunde eingerichtete Skills Lab am DPZ bietet die Möglichkeit, experimentelles Arbeiten an Primaten und anderen Tieren mit Hilfe von Kunststoffmodellen möglichst praxisnah aufzuzeigen. Durch die Arbeit an den Modellen können die Versuche an Tieren ersetzt, Eingriffe trainiert und Methoden verfeinert werden, was die Belastung der Tiere verringert.