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Stammzell- und Regenerationsbiologie Versuchstierkunde

„Herzpflaster“-Team erhält Preis der Deutschen Hochschulmedizin

Stammzellen reparieren den Herzmuskel und stärken das Herz dauerhaft

Der diesjährige Preis der Deutschen Hochschulmedizin wird einem herausragenden Team von Wissenschaftler:innen für einen weltweit einmaligen Ansatz verliehen: Das „Herzpflaster“ nutzt Stammzellen zur Reparatur des Herzmuskels und soll das Herz dauerhaft stärken. Die Studie ist ein Musterbeispiel für translationale Forschung, vom Labor bis in die klinische Anwendung. Sie greift einen völlig neuen Ansatz in der Therapie einer der häufigsten Herzerkrankungen auf: Patient:innen mit Herzschwäche wurde im Rahmen einer Studie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) im Labor gezüchtetes Herzgewebe implantiert.

Weltweit einmaliger Ansatz

Die Wissenschaftler*innen setzen künstliches Herzgewebe ein, um bei Patient*innen mit Herzmuskelschwäche zerstörtes Herzmuskelgewebe wieder aufzubauen. Der Ansatz ist weltweit einmalig. Das „Herzpflaster“ aus Herzmuskelzellen wird schonend und minimalinvasiv direkt auf das Herz aufgebracht. 

Aus Stammzellen Herzmuskelzellen machen

Die Forschenden verwenden sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC) und entwickeln daraus funktionelles Herzmuskel- und Bindegewebszellen. Die weltweit erste Überführung eines iPSC-basierten Herzreparaturansatzes über den Rhesusaffen in den Menschen ist eine besondere Teamleistung von Grundlagenwissenschaftler*innen, translationalen Forscher:innen und Kliniker:innen der UMG, des UKSH und des Deutschen Primatenzentrums. Über viele Jahre hinweg ist das Projekt aus dem Labor bis in die klinische Anwendung entwickelt worden. Nach intensiver Forschung konnte zunächst die Übertragbarkeit von Herzmuskelgewebeimplantaten und der Aufbau neuer Muskulatur im menschlichen Herz nachgewiesen und schließlich auch zur Anwendung gebracht werden.

Bessere Herzfunktion durch Herzpflasterimplantation

In einem einmaligen interdisziplinären Ansatz konnte gezeigt werden, dass ein nach Herzinfarkt geschädigtes Herz durch Herzpflasterimplantation neu aufgebaut werden kann. Zudem kann so eine Verbesserung der Herzfunktion erreicht werden und es zeigen sich keine belastenden Nebenwirkungen. Die weltweit erste klinische Prüfung eines dauerhaften Herzmuskelaufbaus über Stammzellen des Menschen wurde durch das Paul-Ehrlich-Institut im Dezember 2020 genehmigt. Seit März 2021 werden Patient*innen im Rahmen einer klinischen Studie so behandelt.

„Überzeugt hat die Jury die besondere Teamleistung und die Innovationskraft. Exzellente Wissenschaftler*innen haben standortübergreifend sowie interdisziplinär über einen langen Zeitraum zusammengearbeitet und einen weltweit einzigartigen Ansatz gefunden. Das Forschungsprojekt wäre zudem ohne tierexperimentelle Forschung unter Berücksichtigung des 3R-Prinzips nicht möglich gewesen.“

Prof. Dr. Matthias Frosch , Präsident des Medizinischen Fakultätentags

Studie an Rhesusaffen, um Sicherheit und Wirksamkeit zu testen

Rüdiger Behr, Leiter der Forschungsplattform Stammzell- und Regenerationsbiologie, war maßgeblich an der Herstellung der Primatenstammzellen beteiligt, die für die Zulassungsstudie an Rhesusaffen benötigt wurden. Diese präklinische Studie, die von Rabea Hinkel, Leiterin der Abteilung Versuchstierkunde am DPZ, Rüdiger Behr und ihren Mitarbeitenden organsiert und umgesetzt wurde, war die Voraussetzung, um die Methode an Patient:innen einzusetzen. Des Weiteren trugen auch die DPZ-Abteilungen Funktionelle Bildgebung und Primatengenetik wesentlich zum Erfolg der translationalen Rhesusaffen-Studie bei.

Herzmuskelschwäche führt zu deutlich verkürzter Lebenserwartung

Das Projekt hat eine breite gesellschaftliche Tragweite, denn Herzmuskelschwäche ist eine Hauptursache für Krankenhausaufenthalte. Patient*innen mit einer Herzschwäche haben eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Eine fortgeschrittene Herzschwäche kann nach wie vor nicht geheilt werden, die möglichen therapeutischen Optionen sind beschränkt und oft mit großen chirurgischen Eingriffen und entsprechenden Risiken verbunden. Viele Patient*innen leiden trotz Therapie unter einer fortgeschrittenen Herzmuskelschwäche, bei der vor allem die Pumpkraft des Herzens abnimmt. Bei zehn Prozent aller Patient*innen ist die Erkrankung so schwerwiegend, dass sie trotz optimierter Behandlung mit einer mittleren Lebenswartung von nur zwölf Monaten einhergeht.

Der Preis der Deutschen Hochschulmedizin

Der Preis der Deutschen Hochschulmedizin wird jährlich vom Medizinischen Fakultätentag (MFT) und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) vergeben. Er würdigt neben der Teamleistung in der Universitätsmedizin insbesondere die Innovation und Translation von Forschungsprojekten für die Patientenversorgung sowie die gesellschaftliche Tragweite medizinischer Errungenschaften. Die Preisverleihung findet im Rahmen des Tages der Hochschulmedizin am 28. November 2024 in Berlin statt. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis dient der Stärkung der Forschung in der Universitätsmedizin am Wissenschaftsstandort Deutschland. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury aus Vertreterinnen und Vertretern der Universitätsmedizin, der Patienteninteressen, der Industrie sowie von Institutionen aus dem universitären Forschungsumfeld. Weitere Informationen: www.deutsche-hochschulmedizin.de

Prof. Dr. Rüdiger Behr Leitung Stammzell- und Regenerationsbiologie


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Prof. Dr. Rabea Hinkel Leitung Versuchstierkunde Pathologie


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