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Katharina Diederich

Zwischen Futter und Fürsorge

Ein Tag in der Tierpflege mit Ramona Lenzner-Pollmann

Einer der größten Bereiche des Deutschen Primatenzentrums ist die Tierhaltung. 43 Tierpfleger*innen kümmern sich täglich um die knapp 1.200 Affen, zu denen neben Rhesusaffen, Pavianen und Javaneraffen auch Weißbüschelaffen gehören. Eine der Tierpfleger*innen ist Ramona Lenzner-Pollmann. Seit 1989 ist sie im Team und zuständig für Weißbüschelaffen, die hier für die Forschung gehalten werden. Mit ihrer langjährigen Erfahrung leistet sie unverzichtbare Arbeit für die Zucht der Affen, die nicht nur dem Deutschen Primatenzentrum, sondern auch anderen Forschungseinrichtungen dient. 

Ramona Lenzner-Pollmann wusste schon früh, dass sie mit Tieren arbeiten möchte. Der Weg zur Tierpflegerin in der Versuchstierzucht kam eher zufällig zustande. Eine Stellenausschreibung als Auszubildende in der Tierpflege führte sie vor 35 Jahren ans Deutsche Primatenzentrum. „Ich habe meine Entscheidung nie bereut und bin stolz darauf, den Versuchstieren das Leben so schön wie möglich zu gestalten, mich gut um sie zu kümmern und so einen Teil zur Forschung beizutragen“, sagt Ramona Lenzer-Pollmann. Für sie ist es kein gewöhnlicher Beruf, die Arbeit mit den Tieren ist für sie eine Leidenschaft.

Ein Morgen voller Verantwortung: Der tägliche Check bei den Weißbüschelaffen

Ihr Arbeitstag beginnt um sechs Uhr morgens. Nachdem sie sich umgezogen hat, macht sie einen Rundgang durch die Einheit in der Tierhaltung, für die sie verantwortlich ist. Dabei arbeitet sie meistens im Team mit einer anderen Tierpflegerin oder einem anderen Tierpfleger. Jeder Weißbüschelaffe wird zunächst genau angeschaut. „Man muss sehr konzentriert sein und die Tiere gut kennen, um sofort zu bemerken, wenn etwas nicht stimmt“, erklärt Ramona Lenzner-Pollmann. Sollte ein Tier ein auffälliges oder kränkliches Verhalten zeigen, wird eine Tierärztin verständigt. Ebenso gehört es zu ihren Aufgaben, festzustellen, ob sich Tiere, die sich einen Käfig teilen, nicht vertragen. In solchen Fällen müssen die Tiere getrennt und mit passenden Käfiggenossen neu vergesellschaftet werden. Obwohl die Tiere bei der Geburt eine Nummer für das Tierdokumentationsprogramm erhalten und auch mit sechs Monaten einen Transponderchip bekommen, erhält jedes zusätzlich einen individuellen Namen. „Die Nummern kann man sich schlecht merken, ein Name ist einfach persönlicher. Dabei müssen wir seit Jahren kreativ sein, da kein Name zweimal vergeben wird“, erklärt Lenzner-Pollmann. Ihr Lieblingstier ist das Weißbüschelaffen-Weibchen Belfeder. „Sie hat ihren eigenen Kopf und ist sehr neugierig. Allerdings kann sie gegenüber ihren Käfiggenossen auch mal zickig sein und musste deshalb schon öfter umgesetzt werden.“

Essentielle Aufgaben für das Wohl der Tiere

Nachdem Ramona Lenzner-Pollman sich vergewissert hat, dass es allen Tieren gut geht, bereitet sie ihnen die erste Mahlzeit des Tages. Der stärkende Morgenbrei enthält wichtige Proteine, Mineralstoffe und Vitamine. Die nächste Mahlzeit besteht hauptsächlich aus Pellets, Gemüse, Zusatzfutter wie Johannisbrot, Kichererbsen, Mehlwürmer, Reis, Heuschrecken, Gummi arabicum und ein wenig Obst. Wichtig ist, dass es möglichst viel Abwechslung gibt. Alle zwei Wochen steht eine gründliche Reinigung der Gehege mit Wasser und Seife auf dem Plan - ein Rhythmus, der den Tieren ein sauberes Zuhause bietet, ohne sie zu stressen. „Weißbüschelaffen markieren ihr Territorium ständig", erklärt Lenzner-Pollmann, „Würden wir täglich reinigen, könnten die Tiere krank werden, weil sie in einen Markierungsstress verfallen würden."

Kreative Tierbeschäftigung und Zuchtkoordination

Ramona Lenzner-Pollmann ärgert es, wenn Menschen Tierpflege auf das Füttern und Saubermachen reduzieren. „Das stimmt einfach nicht", betont sie. Ihr Job erfordert viel mehr. Die Beschäftigung der Tiere ist wichtig und Teil der Tierpflege. „Da benötigen die Tiere immer wieder Abwechslung, seien es Hängematten, Schaukeln aus alten Feuerwehrschläuchen, Sitzbrettchen oder neue Äste zum Klettern. Dafür braucht man gute Ideen, Kreativität und viel handwerkliches Geschick. In der Einrichtung bauen wir alles selber. Auch die Nahrung trägt zur Abwechslung bei. Eine Heuschrecke als Nachmittagssnack, die muss erstmal eingefangen werden, das ist für die Tiere Beschäftigung, ähnlich wie in der Natur", so Lenzner-Pollmann.

Die Wissenschaftler*innen und die tierärztliche Versorgung greift auf das Wissen zurück, das die Tierpflegerin von „ihren" Tieren hat. Ob ein Tier heute gut drauf ist oder nicht, ist eine wichtige Information, die im Projekt weitergegeben wird. Auch im täglichen Umgang sind die Tiere ruhig, wenn sie ihre Bezugsperson kennen. Zu Ramona Lenzner-Pollmanns Aufgaben gehört zum Beispiel die Assistenz bei tierärztlichen Behandlungen, das regelmäßige Wiegen der Versuchstiere und die routinemäßige Überprüfung des Gesundheitszustandes aller Affen. Außerdem lernt sie Auszubildende an, vermittelt Wissen über die Tiere, den Umgang und die Haltung.

Eine weitere Aufgabe von Ramona Lenzner-Pollmann ist seit vielen Jahren auch das Koloniemanagement. Gemeinsam mit einer Kollegin führt sie Abgabe-Listen von Tieren, die in einen Versuch gehen oder an andere Forschungseinrichtungen abgegeben werden. Und dann ist da noch die gesamte Zuchtplanung: Weißbüschelaffen bringen fast ausschließlich Mehrlinge zur Welt. Ihre Versorgung, also das Tragen und Säugen, bedeutet einen hohen Energieaufwand für das Weibchen. Die Aufzucht der Jungen ist deshalb nicht nur den Muttertieren überlassen. Alle anderen Familienmitglieder, Vater und auch die älteren Geschwister, kümmern sich intensiv um den Nachwuchs, es existiert ein Helfer-System. „Wenn die Tiere selbst eine Zeit lang im Helfer-System mitgearbeitet haben, finden sie sich auch schnell in die neuen Rollen rein, sobald sie Kleine haben“, sagt Ramona Lenzner-Pollmann.

Ramona Lenzner-Pollmann, Tierpflegerin. Karin Tilch

„Kein Tag ist gleich. Sich immer wieder aufs Neue auf die Tiere einzustellen, das macht einfach Spaß. Mit meinen Kolleginnen sind wir ein starkes, eingespieltes Team. Da kann sich eine auf die andere verlassen.“

Ramona Lenzner-Pollmann, Tierpflegerin am DPZ

Wie bei Ramona Lenzner-Pollmann spiegeln sich Engagement und ihre Leidenschaft für die Tierpflege bei dem Tierpflegeteam am DPZ in der täglichen Arbeit wider. Sie sorgen dafür, dass es den Tieren gut geht und tragen so dazu bei, dass die Forschung mit diesen Tieren auf höchstem Niveau stattfinden kann.