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Auf dem Foto ist die Hand eines Rhesusaffen zu sehen, der die Hand eines Menschen hält. Kevin Windolph

Tierschutz

Das DPZ betreibt tierexperimentelle Forschung mit Primaten. Aufgrund ihrer evolutionären Nähe zum Menschen eignen sie sich für einige Fragestellungen besonders gut als Modelltiere. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen ist hier besonders hoch. Gleichzeitig bringt ihr Einsatz in der Forschung hohe ethische Anforderungen mit sich. Der Tierschutz ist deshalb ein zentrales Anliegen des DPZ. Alle Personen, die mit den Tieren arbeiten, haben sich verpflichtet die rechtlichen Vorschriften zu beachten und entsprechend der ethischen Richtlinien verantwortungsvoll mit denen ihnen anvertrauten Tieren umzugehen. Denn nur mit gesunden Tieren in stressfreier Umgebung lassen sich verwertbare und reproduzierbare Ergebnisse erzielen.

Replace, Reduce, Refine - das 3R-Prinzip

Die drei englischen Worte „replace“, „reduce“ und „refine“, zu Deutsch „vermeiden“, „verringern“, „verfeinern“ beschreiben die wichtigsten ethischen Grundsätze bei der experimentellen wissenschaftlichen Arbeit mit Versuchstieren. Mit den sogenannten „3R“ sollen Tierversuche durch Alternativen ersetzt, die Zahl der Versuchstiere begrenzt und die Belastung der Tiere auf ein unerlässliches Maß verringert werden.

Das „3R-Prinzip“ geht auf den britischen Zoologen William Russel und den Mikrobiologen Rex Burch zurück. Im Jahr 1959 formulierten sie ihr Konzept für eine tierschutzkonforme und unter ethischen Gesichtspunkten gerechtfertigte Forschung in dem Buch „The Principles of Humane Experimental Technique“.

Heute ist das 3R-Prinzip die Grundlage für den Einsatz von Versuchstieren in der Forschung. Seine Beachtung ist die Vorrausetzung für die behördliche Genehmigung von Tierversuchen und bildet außerdem die Basis der EU-Tierschutzrichtlinie 2010/63/EU aus dem Jahr 2010 (Artikel 4: „Grundsatz der Vermeidung, Verminderung und Verbesserung von Tierversuchen“). Im Jahr 2013 wurden die Bestimmungen der EU-Richtlinie und damit auch das 3R-Prinzip mit dem novellierten Tierschutzgesetz und der Tierschutz-Versuchstierverordnung in deutsches Recht umgesetzt.

Replace

Wann immer es möglich ist, müssen Tierversuche durch Alternativmethoden ersetzt werden. Jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin ist verpflichtet, im Vorfeld zu prüfen, ob seine oder ihre Forschungsfragen mit Zellkulturen, Computersimulationen oder bildgebenden Verfahren beantwortet werden können. „Replace“ bedeutet aber auch, immer die am niedrigsten entwickelte Tierart einzusetzen. Das heißt, sofern es möglich ist, zum Beispiel mit wirbellosen Tieren, wie Fruchtfliegen, oder mit Fischen und Amphibien zu arbeiten statt mit Kaninchen, Hunden oder Affen.

Reduce

Alle Forscherinnen und Forscher müssen die Anzahl der Versuche und die Anzahl der Tiere auf ein notwendiges Minimum reduzieren. Dies gelingt beispielsweise, indem sie ihre Methoden und statistischen Berechnungen optimieren, für die jeweilige Fragestellung geeignete Versuchstiere auswählen, Forschungsvorhaben koordinieren, Daten und Gewebeproben untereinander austauschen und durch eine gute internationale Abstimmung erreichen, dass ähnliche Versuche nicht wiederholt werden.

Refine

Refine bedeutet, die Untersuchungsmethoden so zu verfeinern, dass die Belastung der Versuchstiere auf ein Minimum reduziert wird, beispielsweise durch den Einsatz von Betäubungs- und Schmerzmitteln. Ein Training der Tiere und damit ein langsames Gewöhnen an Versuchsdurchführungen und Untersuchungsgeräte hilft dabei, Stress zu vermeiden. Darüber hinaus fördern eine tiergerechte Haltung und Fachkompetenz der Personen, die mit den Tieren umgehen, das Wohlergehen der Versuchstiere.

Das vierte „R“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am DPZ haben sich verpflichtet, ihre Forschung an und mit nicht-menschlichen Primaten tierschutzkonform auf Basis des „3R-Prinzips“ durchzuführen. Dabei sind sie sich der großen Verantwortung bewusst, die sie für das Wohlergehen der ihnen anvertrauten Versuchstiere sowie für eine sachkundige Durchführung des Versuchs haben. Für die Wissenschaftler am DPZ gilt deshalb noch ein viertes „R“, das für die Verantwortung („Responsibility“) steht, die alle am Versuch beteiligten Personen gegenüber den Tieren haben.

Gesetze und Verordnungen

Deutschland hat eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. In keinem anderen EU-Land hat der Tierschutz Verfassungsrang - in Deutschland wurde er 2002 als Staatsziel ins Grundgesetz (Artikel 20a) aufgenommen.

Am 9. November 2010 ist die Richtlinie 2010/63 der Europäischen Union (EU) zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (Versuchstierrichtlinie) in Kraft getreten. Wie andere Mitgliedstaaten auch, hat Deutschland sie in nationales Recht umgesetzt. 2012 legten die Bundesregierung sowie das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Entwürfe zur Änderung des Tierschutzgesetzes sowie zum Erlass einer dazugehörigen Tierschutz-Versuchstierverordnung vor. Die Änderung des Tierschutzgesetzes hat der Bundestag am 13. Dezember 2012 beschlossen. Der Bundesrat hat am 1. Februar 2013 auf die Einberufung des Vermittlungsausschusses verzichtet. Damit ist das Dritte Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes zustande gekommen und am 13. Juli 2013 offiziell in Kraft getreten. Die dazugehörige Verordnung ist mittlerweile ebenfalls rechtsgültig.

In den Paragraphen 4, 8a, 9, 11a, 16 und 18 werden nicht-menschliche Primaten explizit erwähnt. Die Tierschutzbeauftragten des DPZ tragen dafür Sorge, dass das Tierschutzgesetz eingehalten wird.

Tierschutzbeauftragte

Die Tierschutzbeauftragten achten darauf, dass alle gesetzlichen Regelungen im Sinne des Tierschutzes eingehalten werden. Außerdem beraten und unterstützen sie alle Personen, die mit den Tieren arbeiten, in allen tierschutzrelevanten und versuchstierkundlichen Belangen. Die Tierschutzbeauftragten werden bereits bei der Planung der Versuche und der Antragstellung mit einbezogen. Erst wenn der/die Tierschutzbeauftragte dem Antrag zustimmt und eine Stellungnahme verfasst hat, wird der Antrag an die zuständige Behörde übermittelt. Eine weitere Aufgabe der Tierschutzbeauftragten ist es, darauf hinzuwirken, dass Ersatz- und Ergänzungsmethoden (weiter-)entwickelt werden und zum Einsatz kommen. Darüber hinaus fördern die sie die versuchstierkundliche Aus- und Weiterbildung von allen beteiligten Mitarbeitenden.

Die/der Tierschutzbeauftragte hat damit die Aufgabe der innerbetrieblichen Eigenkontrolle und ist in der Wahrnehmung seiner Aufgaben weisungsfrei. Sie/Er ist Mittler zwischen Tierschutz und Tierversuchen, zwischen Behörde und wissenschaftlicher Einrichtung, zwischen gesetzlichen Vorgaben und tierexperimentell tätigen Wissenschaftler*innen und leitet Mitarbeitende seiner Einrichtung zu tierschutzgerechtem Handeln an.

Tierschutzausschuss

Die Tierschutzbeauftragten werden in ihren Tätigkeiten vom Tierschutzausschuss unterstützt. Mitglieder dieses Gremiums sind alle Tierschutzbeauftragten des DPZ, jeweils eine/ein Wissenschaftler/in aus jedem Forschungsbereich des DPZ, die/der selber Tierversuche durchführt und die/der für die Pflege der Tiere verantwortliche Leiter/in.

Der Tierschutzausschuss überprüft alle Arbeitsabläufe und überwacht die Tierversuche und deren Auswirkung auf die verwendeten Tiere. Darüber hinaus beraten die Mitglieder des Tierschutzausschusses die Wissenschaftler*innen darin, wie Tiere nach Beendigung des Versuchs untergebracht werden können soweit keine weitere Verwendung vorgesehen ist und der Gesundheitszustand der Tiere dies zulässt.

Beantragung und Genehmigungsverfahren

Sind Wissenschaftler*innen bei ihrer Forschung auf Tierversuche angewiesen, müssen sie zunächst einen Antrag schreiben, in dem sie genau darlegen welche Versuche sie planen, welche Tierarten und wie viele Tiere sie für den Versuch einsetzen wollen und was nach dem Versuch mit den Tieren geschehen soll. Darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass alle technischen und personellen Voraussetzungen für den Versuch erfüllt sind. Besonders wichtig ist es, dass im Antrag genau erläutert wird, warum der Versuch ethisch gerechtfertigt ist, also die möglichen Schmerzen, Leiden oder Schäden des Tieres im Hinblick auf den zu erwartenden medizinischen Nutzen oder den Erkenntnisgewinn vertretbar sind. Außerdem muss dargelegt werden, dass die wissenschaftliche Fragestellung noch nicht beantwortet wurde, also der Tierversuch zu diesem Zweck nicht schon einmal durchgeführt wurde. Die Beachtung des 3R-Prinzips muss ebenfalls plausibel erkennbar sein. Der Versuch darf nur durchgeführt werden, wenn er durch keine Alternative ersetzbar ist (Replacement), es dürfen nur so viele Tiere eingesetzt werden, wie unbedingt nötig (Reduction) und den Tieren dürfen nur in dem Maße Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werde, wie es für den Versuchszweck absolut unerlässlich ist (Refinement).

Der Antrag wird zunächst an den Tierschutzausschuss übergeben (1). Der Tierschutzausschuss existiert in jedem wissenschaftlichen Institut, das mit Versuchstieren arbeitet und setzt sich aus Wissenschaftler*innen, Tierschutzbeauftragten und Tierpflege*innen zusammen. Das Gremium begutachtet den Antrag, klärt aufkommende Fragen im Dialog mit dem Forschenden und macht gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge (2). Der überarbeitete Antrag wird danach mit einer Stellungnahme des Tierschutzbeauftragten an die zuständige Landesbehörde geschickt (3). Die Behörde tritt ebenfalls in Kontakt mit dem/der Wissenschaftler*in, um Fragen und Unklarheiten zu klären (4). Sie prüft den Antrag auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit des Forschungsvorhabens und wird dabei von einer unabhängigen Tierversuchskommission beraten (5). In dieser Kommission sind erfahrene Tierärzt*innen, Wissenschaftler *innen und Ärzt*innen sowie Mitglieder von Tierschutzorganisationen vertreten. Sie unterstützen die Behörde im Genehmigungsprozess und indem sie eine Empfehlung abgeben (6). Sind alle Voraussetzungen erfüllt, genehmigt die Behörde schließlich den Versuch. Dabei kann sie gegebenenfalls Auflagen erteilen wie zum Beispiel eine verringerte Anzahl der Tiere oder eine Änderung der Methodik (7).

Ethische Richtlinien am DPZ

Der Mensch kann bei der Lösung biomedizinischer Fragen auf wissenschaftliche Untersuchungen an Tieren einerseits nicht verzichten, während ihm andererseits der ethische Grundsatz der Achtung vor dem Leben den Schutz der Tiere gebietet. Dies gilt insbesondere für nicht-menschliche Primaten, deren evolutionäre Nähe zum Menschen eine besonders gute Übertragbarkeit der an ihnen gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen erlaubt, deren Einsatz in der Forschung aber auch besonders hohen ethischen Anforderungen genügen muss. Vor diesem Hintergrund und wohl wissend um seine besondere Rolle als Kompetenz- und Referenzzentrum hat das Deutsche Primatenzentrum (DPZ) Richtlinien zum verantwortungsbewussten Umgang mit Tieren erarbeitet, die für die Beschäftigten des DPZ und alle anderen am DPZ Tätigen verbindlich sind.

Ethische Richtlinien am DPZ

Mitarbeitendenwohl im tierexperimentellen Bereich

Die Arbeit mit Tieren stellt täglich besondere Herausforderungen an Forschende, Tierärzt*innen und Tierpfleger*innen. Vor allem Personen im versuchstierkundlichen Bereich haben eine hohe Arbeitsbelastung, die zu psychischen und physischen Beeinträchtigungen führen kann. In der tierexperimentellen Wissenschaftsgemeinschaft wird deshalb zunehmend eine „Kultur der Fürsorge“ thematisiert, die darauf abzielt Tierschutz, Forschungsqualität und Mitarbeitendenwohl mit hoher Priorität zu fördern. Am DPZ finden zu diesem Thema regelmäßig Vorträge, Workshops und Weiterbildungen für alle Mitarbeitenden im tierexperimetellen Bereich statt.