Unsere Forschung
Der Forschungsschwerpunkt von Prof. Hinkel und ihrem Team liegt in der Aufklärung von molekularen Signalwegen bei Herz- Kreislauferkrankungen, um potenzielle neue Therapieansätze zu entwickeln. Hierfür beschäftigt sich die Arbeitsgruppe mit einem weiten Spektrum an kardiologischen Erkrankungen wie der akuten und chronischen Herzischämie, ischämischen oder genetischen Kardiomyopathien, der Herzhypertrophie und dem Einfluss von kardiovaskulären Risikofaktoren auf diese Herz- Kreislauf-Erkrankungen. Dieses Forschungsfeld bewegt sich vorwiegend im Großtiermodell.
Eine Möglichkeit um die pathologischen Signalwege, die bei den genannten Erkrankungen auftreten, positiv zu beeinflussen, ist neben der pharmakologischen Modifikation auch die Genmodifikation. Hier kommen neben Inhibitoren für nicht-codierende RNA Sequenzen auch virale Partikel, die sogenannten adeno-assoziierten viralen Vektoren zum Einsatz. Diese Viren zeigen auf Grund ihrer Hüllproteine einen Gewebetropismus und können somit für eine gewebespezifische Applikation eingesetzt werden. Durch die Verwendung von verschiedenen, auch transgenen Tiermodellen ist es zudem möglich, dies im Kontext von kardiovaskulären Risikofaktoren zu untersuchen, wie zum Beispiel dem Diabetes Mellitus, Hyperlipidämie oder das Altern und dadurch die Translation in eine klinische Anwendung zu verbessern. Wann immer möglich werden diese tierexperimentellen Arbeiten durch in-vitro Untersuchungen an humanen Zelllinien ergänzt, vertieft oder ersetzt.
Experimentelle Kardiologie
Erkrankungen der Herzmuskulatur
Kardiomyopathien
Die Kardiomyopathie fasst verschiedenen strukturelle Erkrankungen der Herzmuskulatur zusammen. Diese Veränderungen manifestieren sich, trotz unterschiedlicher Genese, in einer gemeinsamen pathophysiologischen Endstrecke, charakterisiert durch Hypertrophie des Herzmuskels, Dilatation des Ventrikels, vermehrte Fibrosebildung und myokardialen Pumpfunktionsverlust. Aktuell verfügbare pharmakologische Therapien erhöhen die Überlebensdauer der erkrankten Patienten, können jedoch die pathophysiologischen Veränderungen im Herzen, wie zum Beispiel die Hypertrohie, aber auch die Fibrosierung des Myokards und das damit verbundene „remodelling“ nicht aufhalten. Die kausale Therapie erscheint nun erstmals durch Hemmung einer spezifischen micro-RNA, die in dem betroffenen Gewebe stark erhöht ist, mittels Antagomiren möglich. Diese Therapiestrategie haben wir in präklinischen Großtiermodellen am Schwein untersucht.
Ischämische Kardiomyopathie
In einer ersten Studie wurde im Modell der ischämischen Kardiomyopathie mittels regionaler Inhibition von einer spezifischen miRNA, der miR-21, in das betroffene Arbeitsmyokard die Fibroseentwicklung und der damit verbundene Funktionsverlust vermindert. miR-21 ist ein zentraler Regulator der kardialen Fibrose, und seine Hemmung hat sich in Kleintiermodellen bereits als wirksame anti-fibrotische Strategie in verschiedenen Organen, einschließlich des Herzens, erwiesen. In der prä-klinischen Studie am Schwein konnten wir zeigen, dass die intrakoronare Infusion von antimiR-21 möglich und therapeutisch wirksam ist. Die kathetergestützte regionale Anwendung der antimiR-21 könnte eine neuartige therapeutische Option zur Verhinderung der Entwicklung von Herzversagen nach Myokardinfarkt darstellen.
Hypertrophe Kardiomyopathien
Eine weitere Entität der Kardiomyopathie ist die kardiale Hypertrophie. Die pathologische Herzhypertrophie ist eine Folge von Krankheiten, die die Nachlast erhöhen, wie z. B. unbehandelter Bluthochdruck und Aortenstenose. Sie zeichnet sich durch ein negatives „remodelling“, Kapillarverringerung und Fibrose aus, die häufig zu Herzversagen führen. In einer translationalen Studie am Schwein haben wir zunächst ein Modell für kardiale Hypertrophie mittel Stent Implantation in die Aorta etabliert.
Während Kontrolltiere bei erhöhter Nachlast ein Kardiomyozytenwachstum entwickelten, das zu einer massiven Hypertrophie führte, wurde dieser Effekt durch die intrakoronare Applikation eines Inhibitors der m-132 (antimiR-132) deutlich abgeschwächt. Darüber hinaus wurden die interstitielle Fibrose und negatives „remodelling“ deutlich verringert, wodurch es zu einer deutlichen Funktionsverbesserung kam.
Neben anderen Ergebnissen der Kooperationspartner aus der MHH Hannover (Prof. Thomas Thum), trugen diese zur klinischen Translation bei und die klinische Erprobung in Form von klinischen Studien erfolgt zur Zeit.
Genetische Kardiomyopathien
Neben krankheitsbedingten Veränderungen der Herzstruktur und –funktion gibt es auch angeborene genetische Veränderungen, welche Herzmuskelschwäche verursachen. Diese können durch eine klassische Gentherapie, bei der das fehlerhafte Protein durch ein korrektes ersetzt wird, behandelt werden. Allerdings wird dieser Ansatz durch die Größe des zu ersetzenden Proteins eingeschränkt. Neuartige Therapieansätze zielen deshalb darauf ab, die fehlerhafte Sequenz des gebildete Proteins direkt zu korrigieren (in vivo genome editing). Unsere Arbeitsgruppe verfolgt Ansätze, bei denen adeno-assoziierte virale Vektoren Rekombinasen (Enzyme) in die betroffenen Zellen transportieren, welche in der Lage sind, die Gensequenzen zu reparieren.
Diabetische Kardiomyopathie
Diabetes mellitus ist eine häufige und schwere Stoffwechselerkrankung, von der 2014 weltweit 422 Millionen Menschen betroffen waren, wobei die Inzidenz insbesondere in den Industrieländern zunimmt. Es wird intensiv nach neuen Behandlungsmöglichkeiten gesucht, um den Diabetes selbst und die vielfältigen Folgeerscheinungen des Diabetes mellitus zu behandeln. Diabetes mellitus befällt viele Organsysteme einschließlich der Blutgefäße. Als häufigste Folgeerkrankung beeinträchtigt Diabetes mellitus das Herz-Kreislauf-System. Hier sind besonders die Funktion der Herzkranzgefäße sowie die Durchblutung des Herzens betroffen. Ein Herzinfarkt und das daraus folgende Herzversagen sind die häufigsten Todesursachen bei Diabetikern. Leider wird die kardiovaskuläre Sterblichkeit bei Diabetikern aus noch unbekannten Gründen durch moderne antidiabetische Behandlungen, einschließlich Insulin, kaum beeinflusst. Es besteht ein großer Bedarf an einem besseren Verständnis und einer besseren Behandlung der diabetischen Kardiomyopathie zum Wohle der zahlreichen Patienten mit Diabetes mellitus.
Aktuelle Forschungsprojekte zur diabetischen Kardiomyopathie basieren überwiegend auf Tiermodellen, die neben offensichtlichen Vorteilen, wie der über Generationen verfolgbaren Genetik und dem direkt messbaren Einfluss von Ernährungsformen, auch nicht zu verachtende Nachteile aufweisen. So bauen viele Studien auf transgenen Nagetiermodellen auf, die aufgrund ihrer genetischen Veränderungen nur teilweise mit Symptomen beim Menschen vergleichbar sind, andererseits aber auch hinsichtlich ihrer klinischen Relevanz bei der Translation biomedizinischer Therapieansätze diskutiert werden. Daher haben wir in eine Reihe von Modellen (Zellkultur, ex-vivo Untersuchungen bis hin zu Tiermodellen (Maus und Schwein)) aufgebaut, um die pathophysiologischen Veränderungen im Diabetes besser verstehen zu können und neue Therapieansätze zu entwickeln wie auch testen zu können.
In Untersuchungen an Schweinen mit einem genetischen Diabetes Mellitus durch ein mutiertes Insulin, konnten wir zeigen, dass der Diabetes selbst sehr früh zu pathophysiologischen Veränderungen im Herzen (z.B. Kapillarrarefizierung, Fibrose) und damit einhergehend zu einer Verschlechterung der Herzfunktion führt.
Eine Gentherapie mit eine pro-angiogenen Faktor mittels adeno-assoziiertem viralem Vektor, der für Thymosin ß4 codiert, zeigt hier auch in den diabetischen Tieren in einem Modell der chronischen Myokardischämie ein deutliches Wachstum der Mikro- und Makrogefäße und damit einhergehend eine Reduktion der Fibrose und Verbesserung der Herzfunktion, jedoch nicht auf dasselbe Niveau wie bei nicht-diabetischen Tieren.
Ischämie / Reperfusion
Ischämie / Reperfusion: Akuter Myokardinfarkt
Die Standardtherapie bei verschlossenen Herzkranzgefäßen besteht in einer raschen Rekanalisation der betroffenen Gefäße, der sogenannten Revaskularisierung. Diese Methode ist zeitsensitiv und der Anteil an gerettetem Gewebe verringert sich, je länger der Gefäßverschluss andauert. Jedoch kommt es auch durch das Wiedereröffnen des verschlossenen Gefäßes zu einem Schaden, dem sogenannten Reperfusionsschaden. Dieser entsteht durch das schnelle Einströmen von sauerstoffreichem Blut in das ischämische Herzgewebe und ist charakterisiert durch einen vermehrten Zelltod, Einwanderung von Entzündungszellen und einer verminderten kontraktilen Leistung in diesem Gebiet. Dieser Schaden ist zum Teil reversibel und daher sehr geeignet für neue Therapiestrategien. Die optimierte pharmakologische und interventionelle Therapie konnte deutlich zu einem besseren Überleben von Patienten mit myokardialer Ischämie beitragen, dennoch tritt insbesondere bei Patienten mit großem Herzinfarkt ein adverses Remodelling auf, das bei einer hohen Zahl von Patienten (30% in der AMI-Gruppe) zur Herzinsuffizienz führen kann.
Ischämie / Reperfusion: microRNA
Therapieansätze
MicroRNAs (miRs) sind kleine, ungefähr 22 Nukleotid lange, nicht-kodierende RNAs die intrazellulär durch die RNasen Drosha und Dicer prozessiert werden. Durch Bindung an mRNAs können miRs die Translation verhindern oder die mRNA Degradation induzieren und damit eine Vielzahl an Zielgenen posttranskriptionell regulieren. MiRs spielen eine zentrale Rolle in der Entwicklungsbiologie, in der Aufrechterhaltung der Gewebehomöostase sowie insbesondere unter pathophysiologischen Bedingungen. In verschiedenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die pharmakologische Intervention mit miR-Antisense Molekülen zur spezifischen Reduktion einer miR im Tiermodell genutzt werden kann.
Review: Gene therapy for ischemic heart disease.
Die Inhibition von miR-92a mittels eines LNA-modifizierten Antagonisten zeigte hierbei eine deutliche Verbesserung des Ischämie-Reperfusionsschadens. Neben der Verringerung der Infarktgröße zeigte sich hierdurch eine Verbesserung der Mikrozirkulation und eine Reduktion der lokalen Inflammation, alles zentrale Prozesse die an dem Ischämie-Reperfusionsschaden beteiligt sind.
Chronische Ischämie
Die allmähliche Okklusion von Koronararterien kann einen reversiblen Verlust der Kardiomyozyten-Funktion (hibernierendes Myokard) zur Folge haben. Dieses hibernierende Myokard scheint für eine therapeutische Neovaskularisation zugänglich zu sein, da es mittels adäquater Perfusion reaktiviert werden kann. Für eine therapeutische Neovaskularisierung ist in unseren Augen jedoch neben einer Angiogenese auch die Maturierung dieser neu gebildeten Gefäße unabdingbar. Zwei neuartige Faktoren, Thymosin ß4 und MRTF-A, sind in der Lage neben der Neubildung von Gefäßen, der Angiogenese, auch deutlich mehr Perizyten zu rekrutieren. Die essentielle Rolle der Gefäßmaturierung konnten wir in Kaninchen-Hinterlauf-Ischämiemodell zeigen. Ob dieses Konzept eine therapeutische Option in Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie sein könnte, haben wir in weiteren Untersuchungen in einem prä-klinischen Schweinemodell des hibernierenden Myokardes untersucht.
In diesem Modell waren sowohl Thymosin ß4 als auch MRTF-A in der Lage neben der Angio- und Arteriogenese auch die Perfusion im Myokard zu steigern. Diese gesteigerte Perfusion konnte die globale und regionale myokardiale Dysfunktion deutlich verbessern. Zusammenfassend lässt sich sagen, das Thymosin ß4 in Zusammenarbeit mit MRTF-A sowohl die Angiogenese mittels CCN-1 als auch die Gefäßmaturierung mittels CCN-2 steigert und somit eine Verbesserung in den ischämischen Muskeln von Perfusion und Funktion ermöglicht.
Kardiovaskuläre Alterung
Das Herz altert?
Besonders vor dem Hintergrund, dass bis zum Jahr 2050 weltweit nahezu eine Verdopplung der Bevölkerungsgruppe der über 60 jährigen auf dann mehr als 2 Milliarden Menschen erwartet wird (World Health Organization), ist es essentiell eine gesunde Alterung und Therapiemaßnahmen für alters-assoziierte Krankheiten sicherzustellen. Alle Länder weltweit stehen zunehmend vor den Herausforderungen, ihre Gesundheits- und Sozialsysteme auf diesen demografischen Shift mit den damit verbundenen Folgen vorzubereiten. Dabei stellt der Alterungsprozess einen bedeutenden Risikofaktor für die Entwicklung verschiedenster Erkrankungen dar. Vor allem die Alterung des Herzkreislaufsystems geht mit tiefgreifenden Veränderungen einher: Auf Zellebene zeigen sich im Laufe des Lebens u.a. Veränderungen an Mitochondrien, den Energiekraftwerken der Zellen, die Akkumulation freier Sauerstoffradikale und zunehmende Entzündungsprozesse bei gleichzeitig begrenzter Reparaturfähigkeit der Zellen. Auf Organebene finden sich eine Hypertrophie des Herzgewebes und die vermehrte Akkumulation von Bindegewebe sowohl im Herzen (sog. myokardiale Fibrose) als auch an den großen Gefäßen genauso wie die Entstehung von arteriosklerotischen Plaques und eine Verschlechterung der Herzfunktion. Diese Mechanismen führen in komplexen Zusammenspielen auch mit anderen Organen zu den klinisch sichtbaren Bildern des Bluthochdrucks, der koronaren Herzkrankheit, des Herzinfarktes und des Herzversagens. Vor allem ab dem 5. Lebensjahrzehnt ist deshalb mit einem deutlichen Anstieg an kardiovaskulären Erkrankungen zu rechnen. Die Erforschung und Aufklärung dieser Mechanismen und zugrundeliegender Ursachen genauso wie auch deren Behandlung und Vorbeugung sind essentiell, um dem prognostizierten massiven Anstieg an Herzkreislauferkrankungen besonders in den älteren Bevölkerungsgruppen adäquat begegnen zu können.
In der biomedizinischen Forschung stehen verschiedene Tiermodelle zur Überprüfung von Forschungsfragen im kardiologischen Bereich zur Verfügung. Vor allem Nagetierspezies und Schweine werden gegenwärtig genutzt, um molekulare und funktionelle Mechanismen von Herzpathologien zu erforschen, neue Operationsmethoden und Therapiemöglichkeiten zu testen oder um mögliche Biomarker für Herzkreislauferkrankungen zu identifizieren. Auch wenn auf diesen Wegen viele essentielle Informationen gewonnen werden können, so beschränken doch verschiedene Unterschiede zwischen den Tierspezies und die genetische Distanz zum Menschen in manchen Bereichen die Übertragung gewonnener Erkenntnisse in den Humanbereich.
Die Nutzung nicht-menschlicher Primatenspezies öffnet hier neue Möglichkeiten: Besonders kurzlebige Arten wie der Weißbüschelaffe (Callithrix jacchus, 300-500g, durchschnittliches Lebensalter 12 Jahre) zeigen schon im Alter von wenigen Jahren erste natürliche Alterserscheinungen wie Knorpeldefekte, Hörverlust und Nervenzelldegeneration. Zudem ist aus Kolonie-Untersuchungen bekannt, dass sie vergleichbar zum Menschen Übergewicht und Diabetes entwickeln können.
Im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „Kardiovaskuläre Alterung“ untersucht und charakterisiert unsere Abteilung in einem ersten Schritt zunächst den Weißbüschelaffen als potentielles Tiermodell für altersassoziierte Herzkreislaufveränderungen. Molekularbiologische Untersuchungen werden im Rahmen eines interdisziplinären, vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. geförderten Projektes mit funktionellen Herzkatheteruntersuchungen und nicht-invasiven Bildgebungsverfahren genutzt, um physiologische Daten für die Spezies Weißbüschelaffe erheben zu können. In Kooperation mit internen und externen Kollegen werden zudem weitere Organe auf Alterserscheinungen untersucht. In einem zweiten Schritt sollen Biomarker und mögliche humanrelevante Therapieansätze für die auftretenden Veränderungen identifiziert werden, bevor diese dann zukünftig anhand von Krankheitsmodellen erprobt werden können.
„Jeder Mensch –in jedem Land der Welt- sollte die Möglichkeit haben, ein langes und gesundes Leben zu führen. “
Kooperationen extern
- Medizinische Hochschule Hannover: Prof. Thomas ThumInstitut für Molekulare und Translationale Therapiestrategien
- Universitätsmedizin Göttingen : Priv-Doz. Dr. rer. nat. Laura ZelarayanInstitut für Pharmakologie und Toxikologie
- Max-Planck-Institut für Neurobiologie des Verhaltens – caesar: Dr. Silke HaverkampComputational Neuroethology
- Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften: Prof. Frauke AlvesArbeitsgruppe Translationale Molekulare Bildgebung
- Universitätsmedizin Göttingen: Prof. Jochen StaigerInstitut für Neuroanatomie
Translational Cardiac Optics Research
Translational Cardiac Optics Research
Die "translational Cardiac Optics Research" -Gruppe fokussiert sich auf die Untersuchung von kardiovaskulären Ereignissen mit dem langfristigen Ziel neue translatorische Ansätze zu entwickeln. Der
translatorische Aspekt beruht dabei nicht alleinig darauf, dass grundlegende Forschungsergebnisse in die präklinische Phase übertragen werden können, sondern auch darin, die Erkenntnis über die unterschiedlichen Entwicklungsverläufe kardialer Prozesse in verschiedenen Labormodellen zu visualisieren und die Ursachen für die unterschiedliche Ausprägung verständlicher zu machen. Dafür setzen wir neben den elektrophysiologischen und molekularbiologischen Techniken auch auf neuentwickelte elektrotechnische Sensor- und Lichttechnologie, sowie auf biomedizinische Bildgebungsverfahren im mikro- und makroskopischen Bereichen. Mithilfe dieser Messtechniken gelingt eine Rundumbetrachtung des Herzens, welche es uns ermöglicht systemische Zusammenhänge besser zu verstehen und die präklinischen Abläufe zu optimieren.
Arrhythmieklassifizierung & Charaketerisierung
Optogenetische Arrhythmieterminierung & LED-Array
Herzkrankheiten sind allgegenwärtig und stellen die kardiovaskuläre Forschung vor immer
neue Herausforderungen. Insbesondere die Mechanismen und Gewebeveränderungen, die
diesen Krankheiten zugrunde liegen, sind in ihrer dreidimensionalen Komplexität oft schwer
zu erforschen. Um die physiologischen Funktionen des Herzens zu beschreiben, erfreuen
sich all-optische Messverfahren derzeit großer Beliebtheit. Per definitionem steht der Begriff
all-optische Physiologie für die Nutzung optischer Eigenschaften und entsprechender Geräte,
die berührungslos mehrdimensionale und multizelluläre physiologische Beobachtungen
ermöglichen. Wie aber könnte dies konkret der Herzphysiologie zugute kommen? Gerade
bei elektrosensiblen Fragestellungen können optische Ansätze von großem Vorteil sein, und
dank der stetigen Weiterentwicklung der Technologie können immer mehr Optiken nicht
nur in vitro, sondern auch in ex vivo oder in vivo Experimenten eingesetzt werden. Hier
konzentrieren wir uns auf neue optophysiologische Methoden im Hinblick auf ihre translationale
Forschungsrichtung, mit denen wir eine Vielzahl wissenschaftlicher Fragen angehen
können, von der messbaren Charakterisierung bis zur Manipulation physiologischer Prozesse
in optogenetisch modifizierten Herzen.
Im Herzen sind alle gleich?
Einfluss von Geschlecht und Geweberemodellierung in alternden Herzpopulationen
Ventrikuläre Tachyarrhythmien stellen eine ernsthafte Herausforderung für die Herzrhythmusforschung
dar, insbesondere vor dem Hintergrund des gerontologischen Gewebeumbaus
und seines potenziellen Einflusses auf die Protokolle zur Beendigung der Arrhythmie.
Standard-Elektrotherapien vereiteln in gewisser Weise die Untersuchung der zugrundeliegenden
Veränderungen in den Erregungsmustern, indem sie elektrische Artefakte erzeugen, und
könnten daher kritische Abbruchmechanismen verbergen. Die lichtempfindliche Erregungskontrolle
im optogenetischen Herzgewebe mit strukturierter Beleuchtung kann jedoch zur
Überwindung dieser Artefakte und zur Vertiefung unseres Verständnisses der Rhythmusveränderungen
vor, während und nach der Beendigung der Arrhythmie eingesetzt werden.
Kardiale Unterschiede zwischen den einzelnen Labortiermodellen
In Kooperation mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover führen wir ein Projekt zur Bildgebung
im optischen geklärten Herz durch. Hierbei werden Herzpräparate von verschiedenen Labortiermodellen
quasi duchsichtig gemacht mittels dem sogenannten Optical Clearing-Verfahren, einzig
die Blutgefässstrukturen sind aufgrund von Färbungen dann sichtbar. Die kameratechnisch gewonnenen
Daten werden statistisch hinsichtlich der vergleichenden Parameter der verschiedenen
Spezies analysiert und in Form einer öffentlichen Datenbank aufbereitet. Dies kann der Entscheidungsfindung
für ein spezielles und das bestmögliche Tiermodell im Vorfeld einer experimentellen
Studie dienen, was neben der experimentellen Verbesserung auch einen positiven Effekt auf die
Reduzierung von Labortierzahlen haben kann (3R-Gedanke).
Kooperationen
Kardiovaskuläre Inflammation
Kardiovaskuläre Entzündungen
Leukozyten sind nicht nur als erste angeborene Abwehr gegen Krankheitserreger wichtig, sondern spielen auch eine grundlegende Rolle bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Unser Ziel ist es, die Verbindung zwischen Leukozyten und Endothelzellen zu charakterisieren, um Entzündungsreaktionen als therapeutischen Ansatz bei kardiovaskulären Erkrankungen wie Diabetes zu modulieren. Um dieses Ziel zu erreichen, untersuchen wir die Rolle von microRNAs und Exosomen in verschiedenen in vivo und in vitro Verfahren.
Aktive Zusammenarbeit mit:
Priv-Doz Laura Zelarayan - Institute of Pharmacology and Toxicology
Prof Ferdinand Le Noble - Karlsruher Institut für Technologie
Leitung Arbeitsgruppe
Ersatz- und Ergänzungsmethoden
Ersatz- und Ergänzungsmethoden
Das 3R-Prinzip
Tierversuche sind in der biomedizinischen Forschung unverzichtbar, nur mit Hilfe von Versuchstieren können komplexe Vorgänge und Interaktionen im lebenden Organismus erfasst und verstanden werden. Eine Vielzahl der wissenschaftlichen Erkenntnisse ist auf Ergebnisse aus Tierversuchen zurückzuführen. Insofern schafft die tierversuchsbasierte Forschung eine wichtige Basis für den biomedizinischen Fortschritt in Deutschland.
Alle tierexperimentell arbeitenden Wissenschaftler sind sich der großen Verantwortung bewusst, die sie für das Wohlergehen der Versuchstiere tragen. Obwohl Tierversuche in der Forschung unerlässlich sind, besteht Einigkeit darüber, sie auf ein notwendiges Minimum zu beschränken. Als Richtlinie gilt dabei das ethische Prinzip der „3R“: Replace (Vermeiden), Reduce (Verringern) und Refine (Verbessern). Die drei Begriffe wurden von zwei britischen Forschern, dem Zoologen William Russell und dem Mikrobiologen Rex Burch, geprägt und 1959 in ihrem Buch „The Principles of Humane Experimental Technique” veröffentlicht. Die darin beschriebenen Handlungsgrundsätze sollen die Zahl der Versuche begrenzen und das Leid der verwendeten Tiere auf ein unerlässliches Maß verringern. Die konsequente Umsetzung des 3R-Prinzips in allen Bereichen tierexperimenteller Forschung ist die Voraussetzung, dass Tierversuche von den zuständigen Behörden genehmigt werden.
Folgende Prinzipien werden im Sinne der 3R bei der Planung und Durchführung von Tierversuchen angewendet:
Replacement, Reduction, Refinement
Replacement (Vermeidung):
Wenn möglich, werden Tierversuche durch Alternativmethoden ersetzt. Es wird immer geprüft, ob es zur Beantwortung der wissenschaftlichen Fragestellung ausreicht, auf einfache Organismen wie Bakterien oder wirbellose Tiere zurückzugreifen oder Zell- und Gewebekulturen, Computermodelle oder andere Ersatzmethoden zu verwenden.
Reduction (Verringerung):
Die Anzahl der Versuchstiere wird auf ein notwendiges Minimum reduziert. Dazu tragen ein kluges Versuchsdesign und statistische und methodische Optimierungen bei. Geeignete Tiermodelle werden aufgrund von Erfahrungswerten sorgfältig ausgewählt. Durch die zentrale Erfassung der Ergebnisse aus Tierversuchen und eine gute Abstimmung zwischen Wissenschaftlern, wird verhindert, dass ähnliche Versuche mehrmals gemacht werden.
Refinement (Verbesserung):
Die Tiere müssen artgerecht gehalten werden, also mit genügend Platz und in einer Umgebung, die ihr Wohlbefinden fördert. Durch die ständige Verbesserung der Untersuchungsmethoden, wie beispielsweise Betäubung, Narkosen und spezielles Tiertraining, werden Stress und Leiden so weit wie möglich reduziert. Auch eine gute und fundierte Ausbildung der Versuchsdurchführenden führt zu einer Verbesserung der Versuche und somit auch der Versuchstiere. Neben dem am DPZ etablierten LAS Kurs für nicht-humane Primaten, an dem die Abteilung Versuchstierkunde maßgeblich beteiligt ist, kann in dem neu etablierten Skills Lab eine Reihe von Interventionen und Applikationen zunächst am Modell gelernt und verfeinert werden, bevor diese im Versuch zum Einsatz kommen.