Forschung
Unsere Forschung zielt darauf ab, die neuronale Grundlage kognitiver Funktionen wie Raumbewusstsein und Entscheidungsfindung zu verstehen: Die Fähigkeit, verschiedene äußere Reize wahrzunehmen und darauf adäquat zu reagieren, wobei ein flexibles Verhalten angesichts verschiedener Möglichkeiten gezeigt wird. Wir nutzen dazu neurophysiologische Aufzeichnungen (Neuronenfeuer und örtliche Feldpotentiale) von handelnden Makaken, funktionale Bildgebung (fMRI) bei Affen und Menschen und revidierbare Störungen (Deaktivierung oder Stimulation) spezifischer Hirnregionen, um diese Funktionen auf Detailniveau (neuronal) und globalem Niveau (Netzwerk) zu erforschen.
Unsere aktuelle Arbeit konzentriert sich auf die Interaktionen von Hirnarealen, den Hirnhälften und der zwischen Pulvinar und Cortex und auf die Kommunikation zwischen der visuomotorischen Entscheidungsfindung und der Reaktionswahl, ein Primatenmodell des sogenannten Neglect-Syndroms und Entscheidungsfindungsstörungen und auf den Affen-Mensch-Vergleich dieser Funktionen.
Mensch und Affe im Vergleich visuomotorischer Prozesse
Der Großteil des heutigen Wissens über die Mechanismen, die räumlichem Sehen und der damit verbundenen Visuomotorik zugrunde liegen, entstammt elektrophysiologischen Ableitungen bei Makaken und erst seit kurzem auch Experimenten mit funktioneller Bildgebung (fMRT) bei Menschen. Es ist ein wichtiges Bedürfnis, die Resultate beider Arten von Studien miteinander abzustimmen. Das verführt dazu, einfach eine Gleichsetzung der beiden Datenarten abzuleiten.
Allerdings ist das Verhältnis zwischen Daten aus der Bildgebung von Menschen und elektrophysiologischen Studien bei Affen nicht so einfach, da es Unterschiede zwischen diesen beiden Spezies ebenso gibt wie die zwischen elektrophysiologischen und fMRT-Signalen. Um eine Abstimmung der Daten zu erreichen und die Ähnlichkeiten und Unterschiede beider Arten in evolutionärer Perspektive genauer zu untersuchen, erforschen wir beide Spezies mit der gleichen Methode, der Bildgebung. Um die fMRT-Abbildungen mit den zugehörigen Aktivitäten von Nervenzellen zu verbinden, führen wir analog Experimente durch, bei denen wir elektrophysiologische Ableitungen bei den Makaken vornehmen. Im Besonderen interessieren wir uns für den Vergleich zerebraler Asymmetrien und für die Muster der Abbildungen von räumlicher und Greiforgan-Wahrnehmung in den beiden Hirnhälften.
Auf methodischer Ebene verwenden wir den nach Zeitpunkten aufgelösten und ereignisbezogenen Ansatz sowohl für Bilder vom Affen als auch vom Menschen. Dies erlaubt die Untersuchung dynamischer Hirn-Aktivität, die in spezifischen Aufgaben-Phasen entsteht. Zum Beispiel die kognitive Entscheidung und das Planungs-Signal, das den Impuls der Sinneswahrnehmung und die motorische Umsetzung in zeitverzögerten Antwort-Paradigmen überbrückt.
Die Interaktion innerhalb und zwischen den Hirnhälften beim Entscheidungsprozess
Die Fähigkeit seine Umgebung zu erkunden und flexibel zwischen verschiedenen Reaktionsmögichkeiten auf ihre Reize zu wählen, ist eine wichtige und hochentwickelte Eigenschaft im Verhalten von Primaten. Eine zentrale Frage zum Verständnis der neuralen Mechanismen zielorientierten Verhaltens ist die, wie die dabei in verschiedenen Hirnregionen ablaufende Aktivität innerhalb und zwischen den Hirnhälften koordiniert wird. Beispielsweise nutzt der "Schaltkreis", der räumlicher Entscheidungen zugrundeliegt, ein Netzwerk, das sich über beide Hirnhälften erstreckt. Wobei jede Hirnhälfte zum Großteil die auf der gegenüberliegenden Seite möglichen Antwortreaktionen abbildet.
Wenn also ein Primat mit verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten in beiden gegenüberliegenden Sichtfeldern konfrontiert ist, wie ergibt sich dann aus der Aktivität der beiden Hirnhälften eine konkrete Entscheidung für eine Seite? Bisher existierende Erklärungsmodelle gehen entweder von Wettbewerb zwischen den beiden Hirnhälften aus und/oder von Kooperation, es ist aber nicht bekannt, wie die Signale in beiden Hirnhälften interagieren und direkte neuronale Beweise für Wettbewerb zwischen den beiden Hirnhälften sind selten.
Wir widmen uns diesen Fragen, indem wir ereignisbasierte fMRT-Technik und beidseitige Ableitungen in den Hirnhälften von Makaken bei freier und belohnungsabhängiger Entscheidung während Aufgaben messen.
Mechanismen von Raumbewusstsein und "Neglect" in Thalamus und Cortex
Die vollständige visuelle Repräsentation des uns umgebenden Raumes ist eine eminent wichtige Funktion der Aktivität der verschiedenen Hirnhälften. Auf eine Verletzung bestimmter Hirnegionen einer Hälfte folgt oft, dass Wahrnehmung und Aktivität in der kontralesionalen Hirnhälfte geschädigt sind, was dann zum sogenannten "Neglect"-Syndrom führt. Das vorherrschende Modell von räumlichem Neglect, die Opposition innerhalb der Hirnhälfte (auch Rivalitätstheorie) geht von einer sich gegenseitig unterdrückenden Wechselbeziehung zwischen den Hirnhälften aus, die im Normalfall im Gleichgewicht ist und durch den Hirnschaden beeinträchtigt wird. Diese Theorie wird von Stimulations-Studien gestützt, die zeigen, dass eine Hemmung der gesunden Hirnhälfte eine Verbesserung des Problems bewirken kann.
Allerdings fehlt nach wie vor ein direkter neuronaler Beweis für die angenommene gegenseitige Unterdrückung der Hirnhälften. Die Untersuchung von grundlegenden Mechanismen des Neglect bei menschlichen Patienten wird durch die Verschiedenheit und teils auch den Umfang der Hirnschäden eingeschränkt, fehlenden Daten aus der Zeit vor dem Schaden und medizinischen Vorbehalten. Indem wir pharmakologisch eine örtliche, reversible Deaktivierung von MRT-fotografierten Hirnregionen auslösen, untersuchen wir die grundlegenden Mechanismen von Störungen der räumlichen Wahrnehmung und der Erholung davon im Primatenmodell. Da die Wirksamkeit pharmakologischer Stoffe auf einige Stunden beschränkt ist, können Deaktivierungs-Experimente in Verbindung mit MRT-Aufnahmen oder elektrophysiologischen Ableitungen wiederholt beim selben Tier vorgenommen werden, sowohl im normalen als auch im eingeschränkten Zustand. Vermittels dieser Technik hoffen wir, Einsicht in die dynamischen Interaktivitäten zwischen verschiedenen Regionen der Hirnhälften zu gewinnen und in die zwischen Hirnhälften, die von räumlichem Neglect und der Erholung davon betroffen sind.
Role of thalamo-cortical interactions in cortical communication and visuomotor coordination
The thalamic pulvinar has greatly enlarged during primate evolution in parallel with cortical areas subserving visuomotor functions. Key visuomotor cortical regions to which the pulvinar reciprocally connects are the posterior parietal and the frontal cortices. Although communication between frontal and parietal areas can be mediated by direct cortico-cortical connections, recent theories have highlighted a possible contribution of the pulvinar to cortical communication. This notion is supported by our recent studies showing abnormal BOLD signal in parieto-frontal areas and sensorimotor and movement decision deficits as a consequence of reversible pulvinar inactivation. By means of combined reversible inactivation and electrophysiological and fMRI recordings we are investigating the contribution of the pulvinar to communication in frontoparietal circuits.