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Neue Influenza-Therapien

Die jährlichen Influenza-Wellen (Epidemien) in den Wintermonaten stellen eine ernste Gesundheitsgefahr dar, insbesondere für Kleinkinder, Immunsupprimierte und ältere Menschen. Influenza-Pandemien entstehen in größeren zeitlichen Abständen und werden durch neue Influenza-Viren ausgelöst, die dem immunologischen Gedächtnis der Bevölkerung nicht bekannt sind. Dies kann dramatische Folgen haben. So sind an der Influenza-Pandemie des Jahres 1918 (Spanische Grippe) bis zu 50 Millionen Menschen verstorben. Die Fähigkeit von Influenza-Viren sich ständig zu verändern verringert die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen. Medikamente können ihre Wirksamkeit verlieren, wenn das Virus mutiert – man sagt, das Virus wird resistent. Impfstoffe gegen Influenza-Epidemien müssen kontinuierlich an die aktuell zirkulierenden Viren angepasst werden und haben keine bzw. nur sehr begrenzte Wirkung gegen neue pandemische Viren. Es ist daher notwendig, neue und innovative Strategien zur Bekämpfung von Influenza-Viren zu entwickeln.

Aktuell verfügbare Influenza-Medikamente sind gegen Proteine des Virus gerichtet. Ein neues Konzept zur antiviralen Therapie besagt jedoch, dass die Hemmung von zellulären Proteinen, die für das Virus aber nicht für die Zelle wichtig sind große Vorteile hat. Dies liegt daran, dass die genetische Information für Wirtszellproteine stabil ist und sich, im Gegensatz zur genetischen Information des Virus, nach Medikamentengabe nicht verändert kann. Auf die Weise wir die Bildung von Resistenzen unterdrückt. Die Abteilung Infektionsbiologie konnte zeigen, dass die Aktivität der Wirtszellprotease TMPRSS2 für die Bildung von infektiösen Influenza-Viren im Nagermodell essentiell ist. Außerdem erbrachten die Infektionsbiologen Hinweise darauf, dass neben Influenza-Viren weitere humanpathogene Viren TMPRSS2 für ihre Ausbreitung benötigen. Im Gegensatz dazu ist TMPRSS2 für die Entwicklung und Gesunderhaltung des Organismus verzichtbar. TMPRSS2 stellt also ein attraktives Ziel für die therapeutische Intervention dar. Prof. Stefan Pöhlmann und Mitarbeitern/innen erforschen daher, wie TMPRSS2 spezifisch gehemmt werden kann und wie effizient Hemmstoffe den Ausbruch von Influenza hemmen. Dazu sollen nach der Renovierung der S3-Tierställe Primatenmodelle für schwere Influenza-Erkrankungen des Menschen etabliert werden.

Bei der Vermehrung von Influenza-Viren können als Beiprodukte genomische RNAs gebildete werden, die große Lücken (Deletionen) aufweisen. Diese defekten RNAs können die Vermehrung der unveränderten viralen RNAs unterdrücken und in Virus-Partikel verpackt werden. Dabei entstehen Defective Interfering Particles (DIPs). Werden Zellen sowohl mit DIPs als auch mit intakten Influenza-Viren infiziert, so wird die Vermehrung der intakten Viren weitgehend unterdrückt. DIPs sollen daher für die Influenza-Therapie und Prophylaxe entwickelt werden. Das Ziel der Arbeitsgruppe von Prof. Stefan Pöhlmann ist es Zellkultursysteme zu etablieren, die die effiziente und sichere Herstellung von DIPs ermöglichen. Außerdem wird untersucht, ob Modifikationen im DIP-Genom die antivirale Aktivität erhöhen. Parallel dazu werden Viren und DIPs mit Marker-Proteinen hergestellt, die es erlauben, die Dynamik der DIP-Ausbreitung zu messen. Schließlich sollen die interesssantesten DIPs in wichtigen Tiermodellen für Influenza getestet werden. Diese Arbeiten werden im Rahmen eines Konsortiums durchgeführt, das von Prof. Udo Reichl, Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme, Magdeburg, geleitet wird.

 

Ausgewählte Publikationen

Zmora P., M. Hoffmann, H. Kollmus, A.S. Moldenhauer, O. Danov, A. Braun, M. Winkler, K. Schughart, S. Pöhlmann. TMPRSS11A activates the influenza A virus hemagglutinin and the MERS coronavirus spike protein and is insensitive against blockade by HAI-1. J Biol Chem. 2018 Sep 7;293(36):13863-13873.

Zmora P., P. Molau-Blazejewska, S. Bertram, K. Walendy-Gnirß, I. Nehlmeier, A. Hartleib, AS. Moldenhauer, S. Konzok, S. Dehmel, K. Sewald, C. Brinkmann, C. Curths, S. Knauf, J. Gruber, K. Mätz-Rensing, F. Dahlmann, A. Braun, and S. Pöhlmann. Non-human primate orthologues of TMPRSS2 cleave and activate the influenza virus hemagglutinin. PLoS One 2017 11;12(5).

Kühn N., S. Bergmann, N. Kösterke, R.L. Lambertz, A. Keppner, J.M. van den Brand, S. Pöhlmann, S. Weiß, E. Hummler, B. Hatesuer, and K. Schughart. The Proteolytic Activation of (H3N2) Influenza A Virus Hemagglutinin Is Facilitated by Different Type II Transmembrane Serine Proteases. J. Virol. 2016 90(9):4298-307.

Zhou Y., P. Vedantham, K. Lu, J. Agudelo, R. Carrion Jr., J.W. Nunneley, D. Barnard, S. Pöhlmann, J.H. McKerrow, A.R. Renslo, G. Simmons G. Protease inhibitors targeting coronavirus and filovirus entry. Antiviral Res. 2015 Apr;116:76-84.

Zmora P., P. Blazejewska, A.S. Moldenhauer, K. Welsch, I. Nehlmeier, Q. Wu, H. Schneider, S. Pöhlmann, S. Bertram. DESC1 and MSPL activate influenza A viruses and emerging coronaviruses for host cell entry. J. Virol. 2014 88(20):12087-97.

Hatesuer B., S. Bertram, N. Mehnert, M.M. Bahgat, P.S. Nelson, S. Pöhlmann, K. Schughart. Tmprss2 is essential for influenza H1N1 virus pathogenesis in mice. PLoS Pathog. 2013 Dec;9(12):e1003774.

 

 

 

Prof. Dr. Stefan Pöhlmann

Prof. Dr. Stefan Pöhlmann Leiter der Arbeitsgruppe +49 551 3851-150 +49 551 3851-184 Kontakt

Weitere Informationen

Mehr über die Forschung der Arbeitsgruppe "Neue Influenza-Therapien" finden Sie auch in den folgenden Ausgaben des Magazins "DPZ aktuell" (zum Lesen bitte auf die Bilder klicken).

Ausgabe DPZ aktuell 01/2018. Gestaltung: Heike Klensang
Artikel: Neuer Ansatz zur Therapie von Influenza. Ausgabe DPZ aktuell 01/2018. Gestaltung: Heike Klensang
Ausgabe DPZ aktuell 01/2014. Gestaltung: Heike Klensang
Artikel: Verliert die Grippe ihren Schrecken?Ausgabe DPZ aktuell 01/2014. Gestaltung: Heike Klensang