FAQs
Auf dieser Seite finden Sie Antworten zu "frequently asked questions" (FAQs), also häufig gestellten Fragen zu Tierversuchen. Einige Fragen sind allgemeiner Natur und die Antworten gelten daher für verschiedene Arten von Tierversuchen. Selbstverständlich werden Sie in diesen Texten aber vor allem viele Antworten finden, die insbesondere auf die Situation am Deutschen Primatenzentrum zutreffen. Wenn Sie darüber hinaus Fragen zu Tierversuchen haben, deren Antworten Sie hier nicht finden, kontaktieren Sie uns gern.
Allgemeine Fragen zu Tierversuchen
Was in Deutschland als Tierversuch gilt, definiert das deutsche Tierschutzgesetz. Danach sind Tierversuche Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken, wenn diese mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die Tiere oder ihre Nachkommen verbunden sein können. Auch Veränderungen am Erbgut sind als Tierversuche definiert, sofern diese mit Belastungen für die genmanipulierten Tiere einhergehen. Darüber hinaus gelten auch solche Eingriffe oder Behandlungen als Tierversuche, die zwar keinem direkten wissenschaftlichen Zweck dienen, jedoch zur Gewinnung, Aufbewahrung oder Vermehrung von Stoffen, Produkten oder Organismen vorgenommen werden. Dazu zählt auch die Entnahme von Organen oder Geweben, um diese beispielsweise weiter kultivieren oder transplantieren zu können. Auch Behandlungen an lebenden Tieren, die der Aus-, Fort-, und Weiterbildung dienen, sind als Tierversuche deklariert.
Die Tötung eines Tieres, um ihm Organe, Zellen oder Gewebe für wissenschaftliche Zwecke zu entnehmen, gilt dagegen laut Tierschutzgesetz nicht als Tierversuch.
Es gibt vornehmlich drei Gründe für wissenschaftliche Tierversuche: Sie sind erstens notwendig zur Vorbereitung medizinischer Fortschritte, die zu neuen oder verbesserten Medikamenten, Behandlungstechniken wie in der Chirurgie oder Geräten wie Prothesen führen (Tierversuche für die Anwendung in der Human- und Tiermedizin). Viele Krankheiten kommen sowohl bei Menschen als auch bei Tieren vor. Ihre Erforschung führt zu einem besseren Verständnis der Erkrankungen und ist damit häufig die Basis für die Entwicklung neuer Therapien.
Zweitens erhöhen Tierversuche die gesundheitliche Sicherheit von Menschen, Tieren und unserer Umwelt, da sie gebraucht werden, um Inhaltsstoffe von Produkten auf ihre Schädlichkeit zu prüfen (Tierversuche zum Erkennen und Ausschließen von Umweltgefährdungen). Diese Versuche sind häufig gesetzlich vorgeschrieben. Auch die Testung von neuen Medikamentenwirkstoffen fällt in diese Kategorie. Hier geht es vor allem auch um die richtige Dosierung.
Drittens vergrößern Tierversuche Erkenntnisse über grundlegende Fragen im Bereich der Lebenswissenschaften, die in Zukunft in medizinische und technische Fortschritte einfließen können (Tierversuche in der Grundlagenforschung zum Erkenntnisgewinn). Um Krankheiten wie Alzheimer zu heilen, müssen wir zuvor verstehen, wie das Gehirn funktioniert. Um neue Impfstoffe zu entwickeln, ist es wichtig die Wirkungsweise des Immunsystems kennen. Viele Prozesse und Vitalfunktionen laufen bei Tieren ähnlich ab wie bei Menschen und sind deshalb vergleichbar.
Im aktuellen Tierschutzbericht der Bundesregierung steht: „Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft kann auf Tierversuche – trotz des vermehrten Einsatzes von Alternativmethoden – nicht vollständig verzichtet werden" (Tierschutzbericht der Bundesregierung 2019, S. 34). Tierversuche sind unverzichtbar, wenn es darum geht, die komplizierten Mechanismen im arbeitenden Kreislauf eines Organismus zu verstehen. Für Tests zu Medikamenten gegen Bluthochdruck beispielsweise muss der Blutkreislauf aktiv sein. Um eine neurodegenerative Erkrankung zu behandeln, ist es wichtig zu wissen, wie die Nervenzellen im Gehirn arbeiten. Für viele wissenschaftliche Fragestellungen ist es nicht möglich, das komplexe Zusammenspiel von Organen, Geweben und Zellen von Lebewesen durch Zellkulturversuche oder Computersimulationen zu verstehen.
Viele medizinische Therapien, die Leben verlängern und schwere Krankheiten bekämpfen, sind nur durch Versuche an Tieren möglich geworden. Antibiotika, Blutdrucksenker, Impfungen, Chemotherapien aber auch Organtransplantationen, Bluttransfusionen oder Herzoperationen sind Beispiele für medizinische Errungenschaften, die tausende Leben gerettet haben und ohne Tierversuche unmöglich gewesen wären.
In Deutschland sind Tierversuche seit Jahrzehnten gesetzlich geregelt. Das erste Tierschutzgesetz wurde 1972 erlassen, im Sommer 2013 ist eine Novelle des Gesetzes rechtskräftig geworden, die durch eine veränderte EU-Gesetzgebung (EU-Richtlinie 2010/63/EU) erforderlich war. Ebenfalls seit 2013 gilt die neue Tierschutz-Versuchstierverordnung, die die im Tierschutzgesetz festgelegten Rahmenbedingungen konkretisiert. Deutschland hat eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. In keinem anderen EU-Land hat der Tierschutz Verfassungsrang – in Deutschland wurde er 2002 als Staatsziel ins Grundgesetz (Artikel 20a) aufgenommen. Weltweit hat außer Deutschland nur die Schweiz eine Verfassung, die den Tierschutz berücksichtigt.
Jedes Forschungsprojekt, das Tierversuche mit Wirbeltieren vorsieht, muss behördlich genehmigt werden und darf nur realisiert werden, wenn es einen wichtigen wissenschaftlichen oder medizinischen Nutzen für den Menschen erkennen lässt und durch keine alternative Methode ersetzbar ist. Die Versuche dürfen nur von wissenschaftlichem Personal durchgeführt werden, das die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Die erforderlichen Qualifikationen sind in der Tierschutz-Versuchstierverordnung detailliert beschrieben. Außerdem müssen bestimmte Haltungs- und Pflegebedingungen eingehalten werden. Eine Tierversuchskommission, zu der immer auch Vertreter von Tierschutzorganisationen gehören, unterstützt die jeweilige Landesbehörde bei den Genehmigungen. Tierversuche zur Entwicklung von Waffen, Kosmetika, Waschmitteln und Tabakwaren sind in Deutschland und in der EU verboten.
Sind Wissenschaftler*innen bei ihrer Forschung auf Tierversuche angewiesen, müssen sie zunächst einen Antrag schreiben, in dem sie genau darlegen welche Versuche sie planen, welche Tierarten und wie viele Tiere sie für den Versuch einsetzen wollen und was nach dem Versuch mit den Tieren geschehen soll. Darüber hinaus muss nachgewiesen werden, dass alle technischen und personellen Voraussetzungen für den Versuch erfüllt sind. Besonders wichtig ist es, dass im Antrag genau erläutert wird, warum der Versuch ethisch gerechtfertigt ist, also die möglichen Schmerzen, Leiden oder Schäden des Tieres im Hinblick auf den zu erwartenden medizinischen Nutzen oder den Erkenntnisgewinn vertretbar sind. Außerdem muss dargelegt werden, dass die wissenschaftliche Fragestellung noch nicht beantwortet wurde, also der Tierversuch zu diesem Zweck nicht schon einmal durchgeführt wurde. Die Beachtung des 3R-Prinzips muss ebenfalls plausibel erkennbar sein. Der Versuch darf nur durchgeführt werden, wenn er durch keine Alternative ersetzbar ist (Replacement), es dürfen nur so viele Tiere eingesetzt werden, wie unbedingt nötig (Reduction) und den Tieren dürfen nur in dem Maße Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werde, wie es für den Versuchszweck absolut unerlässlich ist (Refinement).
Der Antrag wird zunächst an den Tierschutzausschuss übergeben. Der Tierschutzausschuss existiert in jedem wissenschaftlichen Institut, das mit Versuchstieren arbeitet und setzt sich aus Wissenschaftlern, Tierschutzbeauftragten und Tierpflegern zusammen. Das Gremium begutachtet den Antrag, klärt aufkommende Fragen im Dialog mit dem Forschenden und macht gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge. Der überarbeitete Antrag wird danach mit einer Stellungnahme des Tierschutzbeauftragten an die zuständige Landesbehörde geschickt. Die Behörde tritt ebenfalls in Kontakt mit dem/der Wissenschaftler*in, um Fragen und Unklarheiten zu klären. Sie prüft den Antrag auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit des Forschungsvorhabens und wird dabei von einer unabhängigen Tierversuchskommission beraten. In dieser Kommission sind erfahrene Tierärzte, Wissenschaftler und Ärzte sowie Mitglieder von Tierschutzorganisationen vertreten. Sie unterstützen die Behörde im Genehmigungsprozess und indem sie eine Empfehlung abgeben. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, genehmigt die Behörde schließlich den Versuch. Dabei kann sie gegebenenfalls Auflagen erteilen wie zum Beispiel eine verringerte Anzahl der Tiere oder eine Änderung der Methodik.
Alle, die in Deutschland und am Deutschen Primatenzentrum tierexperimentell arbeiten, sind gut dafür ausgebildet. Das Tierschutzgesetz legt fest, dass Tierversuche nur von Personen durchgeführt werden dürfen, die die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Das setzt in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium im medizinischen oder naturwissenschaftlichen Bereich bzw. eine abgeschlossene Berufsausbildung (beispielsweise zum Tierpfleger im Bereich Forschung) voraus. Viele verschiedene Wissenschaftler nutzen Tierversuche für ihre Forschung: Mediziner, Tiermediziner, Biologen oder auch Neurowissenschaftler. Sie werden von gut ausgebildeten Tierpflegern unterstützt, mit denen sie gemeinsam dafür sorgen, dass die Tiere so wenig wie möglich durch die Experimente belastet werden. Die Forschungsprojekte geschehen nur unter Aufsicht unabhängiger amtlicher Tierärzte und in behördlich genehmigten Gebäuden, in denen die Tiere ihren Bedürfnissen entsprechend untergebracht sind.
Auf Basis der EU-Tierversuchsrichtlinie von 2010 sowie der seit 2013 in Deutschland geltenden Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV) werden die Belastungen im Tierversuch in drei Kategorien eingeteilt: gering, mittel und schwer. Darüber hinaus gibt es eine vierte Kategorie mit der Bezeichnung „keine Wiederherstellung der Lebensfunktion“. In diese Kategorie fallen Versuche, bei der die Versuchstiere aus einer tiefen Narkose, unter der der Versuch durchgeführt wird, nicht mehr erwachen (Einschläferung ohne Belastung).
Geringe Belastung: Hierunter fallen Versuche, die das Tier geringfügig und kurzzeitig belasten ohne wesentliche Beeinträchtigung des Wohlergehens oder des Allgemeinzustands. Dazu gehören beispielsweise Injektionen oder Blutabnahmen.
Mittlere Belastung: In dieser Kategorie werden alle Versuche zusammengefasst, die für das Tier nach menschlichem Ermessen unangenehm oder schmerzhaft sein können. Dazu zählen operative Eingriffe, die im Nachgang Schmerzen verursachen oder Giftigkeitstests, die nicht zum Tod führen. Dabei werden die Belastungen der Tiere durch Gabe von Schmerz- und Betäubungsmitteln so gering wie möglich gehalten.
Schwere Belastung: Versuche, die in die dritte Kategorie fallen, verursachen bei den Versuchstieren starke Schmerzen, Leiden oder Ängste und beeinträchtigen das Wohlergehen und den Allgemeinzustand schwer. Auch mittelstarke Schmerzen, Leiden oder Ängste, die aber über einen längeren Zeitraum anhalten, werden als schwere Belastung eingestuft. Beispiele sind Organtransplantationen, das Auslösen von Krebstumoren oder Toxizitätstests, die zum Tod führen. Auch die vollständige Isolation von sozialen Tieren, wie beispielsweise Affen, über einen längeren Zeitraum fällt unter Schweregrad drei.
Keine Wiederherstellung der Lebensfunktionen: Bei dieser Kategorie wird der Versuch durchgeführt, während das Tier vollnarkotisiert ist. Es nimmt den Eingriff nicht wahr und erwacht auch aus der Narkose nicht wieder. Beispiele für diese Eingriffe sind akute Schädigungen lebenswichtiger Organe, um die Wirksamkeit von Medikamenten zu überprüfen oder auch die schmerzfreie Tötung des Tieres, um Zell- und Gewebeproben zu entnehmen.
Tiere, die nach einem Tierversuch in guter gesundheitlicher Verfassung sind, werden nach einer tierärztlichen Abschlussuntersuchung in die Tierhaltung übernommen. Dort werden sie gepflegt und versorgt, eventuell werden sie zu einem späteren Zeitpunkt in ein anderes Versuchsvorhaben übergehen. Die Wiederverwendung in einem Tierversuch wird in der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt und muss von der zuständigen Behörde genehmigt werden.
Die Wiederverwendung von Versuchstieren (Kopffüßer und Wirbeltiere) regelt der Paragraph 18 der Tierschutz-Versuchstierverordnung. Generell gilt, dass eine Wiederverwendung nur nach Genehmigung der zuständigen Landesbehörde erfolgen darf. Diese Entscheidung erfolgt für das individuelle Tier, da die Behörde die medizinische und gegebenenfalls Versuchsvorgeschichte des Tieres mit einbezieht.
Menschen und Säugetiere, insbesondere nicht-menschliche Primaten, ähneln einander in ihrer Anatomie und den Körperfunktionen sehr. Viele lebenswichtige Organe wie Herz, Leber, Niere oder Lunge funktionieren nach denselben Prinzipien. Auch zahlreiche Krankheiten des Menschen können bei Tieren vorkommen, wie beispielsweise die Schweine- oder Vogelgrippe, BSE oder HIV.
Viele Ergebnisse aus Tierversuchen lassen sich deshalb auch auf den Menschen übertragen. Besonders wenn es um die Wirkungsweise von Medikamenten im menschlichen Körper geht, können Tierversuche wichtige Rückschlüsse liefern. Dabei ist es wichtig, die für die jeweilige Fragestellung passende Versuchstierart auszuwählen. Zwar ist eine 100-prozentige Vorhersage, wie ein neuer Wirkstoff im menschlichen Körper aufgenommen wird, nicht möglich, aber Tierversuche helfen, grundlegende Risiken für die Gesundheit des Menschen zu kalkulieren und auszuschließen und tragen deshalb wesentlich zu neuen Erkenntnissen in der biomedizinischen Forschung bei.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist zum Beispiel auf Grundlage von empirischen Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass rund 70 Prozent der unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln beim Menschen in Tierversuchen korrekt vorhergesagt wurden. Viele dieser Wirkstoffe (rund 36 Prozent) werden daraufhin aus dem Entwicklungsprozess genommen und nicht mehr am Menschen geprüft, weil sie zu große Sicherheitsrisiken darstellen würden (DFG-Broschüre "Tierversuche in der Forschung", S. 36). Die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus Tierversuchen gilt übrigens auch umgekehrt: Medikamente, die für den Menschen funktionieren, können demnach auch für Haus- oder Nutztiere eingesetzt werden.
Unter folgendem Link finden Sie einige Forschungsbereiche, die auf den Ergebnissen aus Tierversuchen aufbauen.
Wissenschaftler*innen verwenden genmanipulierte Tiere, um genetisch bedingte Krankheiten zu erforschen und auf dieser Basis mögliche Therapien zu entwickeln. Der genetische Bauplan vieler Säugetiere ist dem Menschen ähnlich. In Mäusen, die am häufigsten als Versuchstiere verwendet werden, existieren sehr viele Gene, die man auch im Menschen findet. Eine Vielzahl von menschlichen Erkrankungen, hat genetische Ursachen, wie zum Beispiel spinale Muskelatrophie, Parkinson, Mukoviszidose oder Chorea Huntington. Das Genom der Maus ist komplett bekannt und es ist möglich Gene gezielt zu verändern oder ganz auszuschalten. So kann in der Maus die Erkrankung des Menschen widergespiegelt werden. Die Mäuse sind also transgen oder genetisch modifiziert. Dieser Ansatz ermöglicht es, die genetischen Ursachen bestimmter humaner Krankheiten in der Maus nachzuvollziehen und zu verstehen und um neue Therapieansätze auf gewünschte positive Wirkungen sowie mögliche Nebenwirkungen zu testen. Weitere Informationen zu genetisch veränderten Organismen finden Sie hier.
Das 3R-Prinzip wurde von den Wissenschaftlern William Russel und Rex Burch in ihrem 1959 publizierten Buch "The Principles of Humane Experimental Technique" entwickelt. Sie wollten mit drei Methoden das Leid von Tieren bei Versuchen verringern: Replacement (Vermeidung), Refinement (Verfeinerung), Reduction (Verringerung).
Unter den Begriff Replacement fasst man solche Maßnahmen zusammen, die zu einem Ersatz von Tierversuchen (durch Versuche beispielsweise an Zellkulturen oder durch Computersimulationen) führen. Als Refinement bezeichnet man solche Versuchsansätze, die das Leiden der Versuchstiere minimieren, indem verbesserte Methoden angewendet werden. Ein einfaches Beispiel hierfür ist, dass Tiere nur noch narkotisiert operiert werden. Und mit Reduction ist die Minimierung der Versuchstierzahl durch ein kluges Versuchsdesign und Abstimmung zwischen Wissenschaftlern gemeint, damit nicht ähnliche Versuche zweimal gemacht werden.
Institutionen zur Forschungsförderung knüpfen die Vergabe von Fördermitteln an die Ausrichtung der Forschung am 3R-Prinzip. Wissenschaftler, die am DPZ arbeiten und Versuche mit Primaten machen, verpflichten sich in einer ethischen Grundsatzvereinbarung schriftlich, bei ihrer Arbeit die 3R-Prinzipien anzuwenden.
Es gibt Alternativen zu Tierversuchen, aber nur in Teilbereichen. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft ist es derzeit unmöglich, alle Tierversuche durch Alternativmethoden zu ersetzen und das wird voraussichtlich auch in Zukunft so bleiben. In einigen Fällen hat es aber bereits Erfolge gegeben, die zum Beispiel Versuche mit Ratten oder Mäusen überflüssig gemacht haben – unter anderem die Herstellung von Haut aus Stammzellen. Darauf können dann Stoffe untersucht werden, ob sie die Haut reizen. Auch Computersimulationen können helfen, die Ergebnisse aus Tierversuchen zu ergänzen. Zudem ermöglichen es neue Bildgebungsverfahren in der Wissenschaft, zum Beispiel Bilder des Gehirns aufzunehmen, ohne dabei Tieren zu schaden.
Wissenschaftler arbeiten aus mehreren Gründen intensiv daran, Methoden zu entwickeln, die Tierversuche ergänzen können: Erstens, um Leiden der Tiere zu reduzieren. Zweitens, um wissenschaftlich verlässlichere Ergebnisse zu gewährleisten. Drittens, um Kosten zu reduzieren, die durch die aufwändige, artgerechte Haltung vieler Versuchstiere entstehen. Deutsche Wissenschaftler verpflichten sich dazu, keine Tierversuche vorzunehmen, die durch alternative Methoden ersetzt werden können oder die Ergebnisse produzieren würden, die ein anderer Forscher auf der Welt bereits erzielt hat. In Deutschland unterhält die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden (ZEBET, gegründet 1989) eine Datenbank mit Alternativmethoden zu behördlich vorgeschriebenen Tierversuchen. Die Zentralstelle prüft zudem alternative Testmethoden auf ihre Relevanz und Reproduzierbarkeit (dieser Prozess wird als Validierung bezeichnet) und vergibt Fördermittel zur Erforschung von Tierversuchsersatzmethoden. Auf europäischer Ebene existiert dementsprechend das Europäische Zentrum zur Validierung alternativer Methoden (EURL-ECVAM). Die Institution hat 2013 ein Nachschlagewerk veröffentlicht (EURL-ECVAM Search Guide – Good Search Practice on Animal Alternatives), dass es Mitarbeitern von Genehmigungsbehörden, Wissenschaftlern und Tierschutzbeauftragten ermöglicht, sich einen Überblick über verschiedenen Informationsquellen zu Alternativmethoden zu verschaffen.
Am DPZ arbeiten die Wissenschaftler im Bereich der Grundlagenforschung. Das Wissen, das sie schaffen, dient nicht direkt medizinischen oder anderen Anwendungsgebieten, sondern soll das grundsätzliche Verständnis der Menschheit über lebenswissenschaftliche Fragen bereichern. Das bedeutet, dass die Wissenschaftler vor allem Fragen nach dem Wie und nach dem Warum beantworten. Beispielsweise muss man zuerst verstehen, wie ein Virus sich im Körper ausbreitet und wie das Immunsystem funktioniert, um irgendwann ein Heilmittel oder Impfstoffe dagegen herzustellen. Nur wenn man weiß, wie das Gehirn Bewegungen steuert, ist es möglich Neuroprothesen zu entwickeln, die irgendwann querschnittsgelähmten Patienten helfen. Daran arbeiten die Wissenschaftler des DPZ und legen mit ihren Erkenntnissen die Grundlage für spätere Anwendungen.
Allerdings lässt sich diese Trennung in der Praxis nicht aufrecht erhalten: Zwar dauert es teilweise lange, bis Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in der Anwendung nützlich werden (20 Jahre ist kein unwahrscheinlicher Zeitraum), aber es gibt immer wieder Beispiele dafür. Grundlagenforschung schafft Wissen, von dem Forscher hoffen, dass es in Zukunft in der Praxis gebraucht wird – aber Garantien gibt es dafür nicht. Denn niemand ist in der Lage, vorauszusagen, welche Entwicklungen die Menschheit innerhalb von zehn oder 20 Jahren machen wird und ob dafür bestimmte Grundlagen benötigt werden.
Trotzdem ist Grundlagenforschung die Basis auf der jede weitere Forschung aufbaut. Erkenntnisse, die im Tierversuch gewonnen werden, können aufgrund der grundsätzlichen Ähnlichkeiten zwischen Mensch und Tier helfen, bestimmte Vorgänge im lebenden Organismus besser zu verstehen. Ohne das Wissen, das in der Grundlagenforschung gewonnen wird, sind wissenschaftliche und medizinische Durchbrüche undenkbar.
Mehr über die Bedeutung der Grundlagenforschung und Beispiele für wichtige Forschungserfolge finden Sie auch hier.
Die Tiermedizin ist durch Ergebnisse aus Tierversuchen ebenfalls in vielen Bereichen verbessert worden. Nahezu alle Behandlungsmethoden, die heute in der Veterinärmedizin eingesetzt werden, wurden auf Basis von Tierversuchen entwickelt. Auch Medikamente oder Impfstoffe wie gegen Tollwut oder Hundstaupe müssen zuvor an der jeweiligen Tierart getestet werden. Der Impfstoff gegen das Parvovirus beispielsweise, der mit Hilfe von Tierversuchen entdeckt wurde, rettet jedes Jahr vielen Hunden das Leben. Herzschrittmacher, die Tierärzte heutzutage mitunter auch Haustieren implantieren, konnten erst durch Versuche mit Tieren entwickelt werden. Und Forschung, die geklärt hat, wie sich bestimmte bedrohte Tierarten körperlich fortpflanzen, trägt dazu bei, diese Arten vor dem Aussterben zu bewahren.
Fragen zu Tierversuchen am DPZ
Am DPZ werden Tierversuche vor allem in der Infektions- und der Hirnforschung durchgeführt. Die Infektionsbiologen wollen dabei herausfinden, wie Krankheiten übertragen werden, wie Infektionen verlaufen und wie man Viren oder andere Krankheitserreger daran hindern kann, sich im Körper auszubreiten. Die Neurowissenschaftler untersuchen vor allem wie unser Gehirn Bewegungen plant, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen und auf äußere Reize reagieren. Dabei untersuchen die Forscher vor allem die neuronalen Grundlagen kognitiver Funktionen wie Aufmerksamkeit, Entscheidungsfindung und Raumbewusstsein.
Tierversuche in der Infektionsforschung
Besonders Viren haben verschiedene Wege entwickelt, um in Wirtszellen einzudringen. Diese unterschiedlichen Mechanismen untersuchen die Infektionsforscher unter anderem am DPZ. Die Wissenschaftler arbeiten beispielsweise an mutierten Viren, die genetisch so verändert sind, dass sie bestimmte Proteinkomplexe nicht mehr ausbilden, die wichtig für den Eintritt in eine Wirtszelle sind. Dadurch können die veränderten Viren Zellen nicht mehr oder nur eingeschränkt infizieren. Darüber hinaus werden am DPZ auch neue Impfstoffe und –strategien erforscht. Hierbei geht es vor allem um Tests neuer Wirkstoffkombinationen und verschiedener Verfahren der Impfstoffgabe. Bevor dabei Affen in experimentellen Studien eingesetzt werden, überprüfen die Forscher ihre spezifischen Fragestellungen und Vorhersagen erst in vitro, also im Reagenzglas oder an Zellkulturen. Erst wenn diese Versuche eindeutige Hinweise auf bedeutende Forschungserkenntnisse geben und es keine Möglichkeit gibt weiterführende Studien mit Alternativmethoden durchzuführen, dürfen Tierversuche zur Beantwortung der Fragestellung eingesetzt werden.
Tierversuche in der Neurowissenschaft
Die Abteilung für Kognitive Neurowissenschaften am DPZ erforscht die neuronalen Grundlagen der Informationsverarbeitung im Gehirn. Im Zentrum der Forschung steht die visuelle Wahrnehmung und ihre Beeinflussung durch kognitive Faktoren wie die Aufmerksamkeit. Die Abteilung Neurobiologie untersucht die Planung und Ausführung von Handbewegungen im Gehirn von Primaten. Um zu erforschen, welche Hirnregionen und Nervenzellen bei diesen verschiedenen Prozessen aktiv sind, werden die Affen beispielsweise darauf trainiert, bestimmte Handbewegungen auszuführen oder Aufgaben am Touchscreen zu erfüllen. Dabei werden gleichzeitig die Signale im Gehirn ausgelesen.
Welche Versuche wie durchgeführt werden, hängt von den einzelnen Projekten und individuellen Fragestellungen ab. Diese unterschiedlichen Ansätze erfordern verschiedene Herangehensweisen und Methoden. Generell handelt es sich aber in der Infektionsforschung häufig um Infektionsstudien und in den Neurowissenschaften um elektrophysiologische Messungen in der Großhirnrinde.
In der Infektionsforschung sieht ein solcher Versuch vereinfacht so aus: Eine bestimmte Anzahl Affen wird mit einem normalen Virus infiziert. Dabei wird immer die minimalste Anzahl an Tieren eingesetzt, die nötig ist, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Eine andere Affengruppe bekommt den mutierten, in seinem Infektionsmechanismus eingeschränkten Virus, gespritzt. Die dritte Gruppe bleibt als Kontrollgruppe völlig ohne Infektion. Mit Hilfe einer solchen Studie können die Wissenschaftler den Verlauf einer Krankheit im normalen und im veränderten Zustand (durch das mutierte Virus) direkt vergleichen und so wichtige Aussagen über die Relevanz der eingeführten Mutation für den gesamten Infektionsmechanismus machen. Diese Erkenntnisse sind wichtig, um neue Medikamente zu entwickeln, die an dieser Stelle im Infektionsweg ansetzen und damit das Virus unschädlich machen können.
Um neue Impfstoffkombinationen zu testen, werden ähnliche Versuche durchgeführt. Dabei wird eine Affengruppe zuvor mit dem neuen Impfpräparat behandelt, die andere nicht. Nach einer Infektion können dann die Symptome, der Krankheitsverlauf und die Viruslast im Körper miteinander verglichen und damit Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Impfstoffes gezogen werden. Daneben können in solchen Tests auch verschiedene Wege der Impfstoffgabe untersucht werden. Bei einigen viralen Infektionen wirken Impfpräparate besser, wenn sie direkt an den Schleimhäuten im Mund- und Rachenraum appliziert und nicht, wie oft üblich, intramuskulär injiziert werden.
In der Hirnforschung geht es darum die Signale im Gehirn bei verschiedenen Handlungen zu verstehen. Dazu sitzen die Affen in einem sogenannten Primatenstuhl und greifen zum Beispiel auf ein Lichtsignal hin nach verschiedenen Gegenständen und führen dabei verschiedene Handgriffe aus. Am Touchscreen konzentrieren sie sich auf verschiedene Symbole, die sie bestimmten Zeitintervallen berühren oder nicht berühren sollen. Dabei dürfen sie sich beispielsweise nicht von anderen Symbolen auf dem Bildschirm ablenken lassen. Während sie diese Aufgaben machen, werden die Signale in ihrem Gehirn durch elektrophysiologische Messungen in der Großhirnrinde gemessen. Diese Messungen mit haarfeinen Elektroden spüren die Tiere nicht, da das Gehirn aufgrund fehlender Rezeptoren unempfindlich gegen Schmerz ist. So können die Wissenschaftler feststellen, welche Nervenzellen in welchem Maße aktiv sind und an welchen Verarbeitungsprozessen im Gehirn beteiligt sind. Im Falle der Handbewegungen zielen die Versuche darauf ab, festzustellen, wie die Bewegungen im Gehirn genau geplant werden. Diese Erkenntnisse dienen schlussendlich dazu, sogenannte Gehirn-Computer-Schnittstellen zu entwickeln, die diese Signale auslesen und damit Neuroprothesen steuern können.
Für die Versuche am DPZ werden vor allem Rhesusaffen, Javaneraffen, Mantelpaviane und Weißbüschelaffen eingesetzt. Mehr zu den einzelnen Projekten, können Sie hier nachlesen.
Tiere, die für Versuchszwecke eingesetzt werden, müssen (bis auf seltene Ausnahmen) laut Gesetz auch zu diesem Zweck gezüchtet worden sein. Eine Rückverfolgung von zwei vorangegangenen Generationen, die ebenfalls in Gefangenschaft gezüchtet wurden, muss dabei stets gegeben und nachweisbar sein (Tierschutz-Versuchstierverordnung §24). Es ist in Deutschland und der gesamten EU verboten, Primaten für Versuchszwecke einzusetzen, die in freier Wildbahn gefangen wurden. Alle nicht-menschlichen Primaten, die am DPZ für Tierversuche eingesetzt werden, wurden auch zu diesem Zweck gezüchtet. Die Tiere stammen hauptsächlich aus der Primatenhaltung am DPZ, vereinzelt auch aus anderen qualifizierten Zuchteinrichtungen.
Da alle am DPZ gehaltenen Primatenarten sozial lebende Tiere sind, werden sie in Gruppen gehalten. Dies gilt für die Zuchttiere und weitestgehend auch für die Versuchstierhaltung, insofern sich dies mit dem Versuchsvorhaben vereinbaren lässt. Wenn ein Tier aus einer Zuchtgruppe entnommen und in eine Versuchstierhaltung überführt wird, wird darauf geachtet, dass soziale Gefüge der Gruppen nicht zu beeinträchtigen. Aus diesem Grund werden vorwiegend junge erwachsene Tiere nach Eintritt der Geschlechtsreife für Versuche verwendet, da diese zu diesem Zeitpunkt ihre Geburtsgruppe naturgemäß verlassen würden. Die Tiere, die nicht in Versuchen verwendet werden, verbringen ihr gesamtes Leben in ihren Zuchtgruppen. Bei den öffentlichen Führungen am DPZ können die Zuchtgruppen in den Außengehegen besichtigt werden. Außerdem gibt der virtuelle Rundgang einen Einblick in die Primatenhaltung.
Mehr zu den strengen Auflagen für die Haltung und Zucht von Primaten in der Forschung erfahren Sie hier.
Die Zahlen der nicht-menschlichen Primaten (sowohl Altwelt- als auch Neuweltaffen), die am Deutschen Primatenzentrum pro Jahr für die biologische Grundlagenforschung eingesetzt werden, variieren und sind abhängig von den jeweiligen Projekten und wissenschaftlichen Fragestellungen. In der Regel bewegten sich die Zahlen in den vergangenen Jahren in der Größenordnung um 100 bis 250 Tiere. Für das Jahr 2022 hat das DPZ 139 Versuchstiere gemeldet. Davon waren 118 Primaten und 21 Tiere anderer Arten. Sehr unterschiedliche Forschungsprojekte, die sich aus dem breitem Themenspektrum des Instituts ergeben, machen diese notwendig. Es handelte sich dabei zuletzt zum Beispiel um Projekte aus der Infektionsforschung (zum Beispiel HIV-Impfstoffe) als auch aus der Neurowissenschaft (Entwicklung von Neuroprothesen).
Wissenschaftler*innen, die am DPZ tierexperimentell arbeiten, müssen zuvor einen Antrag schreiben, der vom DPZ-Tierschutzausschuss begutachtet wird. Im Tierschutzausschuss sind die Tierschutzbeauftragten des DPZ, Wissenschaftler und Tierpfleger vertreten, die den Versuch transparent mit dem/der jeweiligen Projektleiter *in durchdiskutieren und -planen. Der Antrag wird im Anschluss mit einer Stellungnahme des Tierschutzausschuss an das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) geschickt. Das ist die Behörde, die in Niedersachsen die Versuchsanträge genehmigt. Die zuständigen Mitarbeiter der Behörde prüfen den Antrag auf Vollständigkeit und Plausibilität. Außerdem werden sie bei der Begutachtung von einer fachkundigen Tierschutzkommission beraten. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, kann die Behörde den Tierversuch genehmigen beziehungsweise mit Auflagen genehmigen.
Jeder Tierversuch wird durch interne und externe Kontrollen überwacht. Die interne Kontrollinstanz sind die Tierschutzbeauftragten und Tiermediziner*innen. Am DPZ gibt es sechs Tierschutzbeauftragte, die die Wissenschaftler bereits bei der Beantragung eines Tierversuchs beraten und unterstützen. Sie sorgen dafür, dass der Tierversuch im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben geplant und ordnungsgemäß beantragt wird. Während der Versuche sorgen die Tierschutzbeauftragten dafür, dass alle gesetzlichen Auflagen und Bestimmungen eingehalten werden. Sie sind per Gesetz ihrem Arbeitgeber nicht weisungsgebunden. Tiere, die im Versuch sind, werden von den vier Tiermediziner*innen am DPZ täglich untersucht. Sie beurteilen, ob es den Tieren weiterhin gut geht. Ist dies nicht der Fall, wird das entsprechende Tier aus dem Versuch genommen und tierärztlich behandelt.
Externe Kontrollen werden von unabhängigen Amtstierärzt*innen des Veterinäramtes (Fachbereich Veterinärwesen und Verbraucherschutz des Landkreises Göttingen) regelmäßig durchgeführt. Die Kontrollbesuche können unangekündigt jederzeit stattfinden. Sie kontrollieren ob die Tiere artgerecht gehalten, die Versuche korrekt durchgeführt und ordnungsgemäß dokumentiert werden.
Das Deutschen Primatenzentrum legt großen Wert auf eine artgerechte Haltung und regelmäßige medizinische Kontrollen, um das Wohl der Tiere zu jedem Zeitpunkt zu gewährleisten. Dass unsere Tiere so wenig wie möglich leiden, stellen Tierpfleger und Wissenschaftler sicher. Es gibt dafür gute Gründe: Einerseits sind Wissenschaftler keine Tierquäler, sondern verantwortungsbewusste Menschen, die ihre Mitgeschöpfe so gut wie möglich behandeln wollen. Andererseits sind nur mit Tieren, die nach jeglichem Ermessen stressfrei, gesund und nach ihren Bedürfnissen leben, exakte Forschungsergebnisse zu erzielen. Zuletzt gibt es natürlich gesetzliche Bestimmungen, die festlegen, dass und wie Tiere artgerecht gehalten werden müssen. So ist beispielsweise vorgeschrieben, dass Tiere bei Eingriffen, die Schmerzen auslösen, narkotisiert sein müssen, sofern die Narkose bei ihnen nicht mehr Stress auslöst als der Eingriff selbst.
Am DPZ sorgt die Tierschutzbeauftragte Prof. Rabea Hinkel dafür, dass die gültigen Verordnungen eingehalten werden und dass es den Tieren gut geht. Gleichzeitig ist für das DPZ aber auch ein unabhängiger Tierarzt vom Veterinäramt zuständig, der die Lebensbedingungen der Primaten regelmäßig kontrolliert.
Am DPZ werden keine Tiere ohne vernünftigen Grund getötet. Dies wäre ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und steht im Widerspruch zu unserer ethischen Verpflichtung, verantwortungsbewusst mit den uns anvertrauten Tieren umzugehen.
Bevor Tiere in einem Tierversuch eingesetzt werden dürfen, muss ein Tierversuchsantrag gestellt und dieser vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) genehmigt werden. Bereits vor Beginn des Tierversuchs müssen Abbruchkriterien in dem Antrag definiert werden, die zu einem Abbruch oder einer Unterbrechung des Einsatzes eines Tieres führen („humane endpoints“). Ein solches Unterbrechungs- oder Abbruchkriterium ist beispielsweise das Erreichen des im Antrag definierten ethisch vertretbaren Höchstmaßes der Gesamtbelastung. Um die Belastung der Tiere zu ermitteln, erfolgt eine Belastungseinschätzung. Dafür kommen unter anderem sogenannte Score Sheets zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um Bewertungsbögen, die anhand bestimmter Kriterien helfen, Belastungen zu quantifizieren. Beurteilt werden beispielsweise Veränderungen oder Auffälligkeiten im Erscheinungsbild, dem Verhalten der Tiere, dem Gewicht oder der Nahrungsaufnahme, die Rückschlüsse auf das Wohlbefinden des Tieres erlauben: Möglichkeiten der Belastungsbeurteilung im Tierversuch (Stellungnahme aus dem Ausschuss für Tierschutzbeauftragte der GV-SOLAS, ab Seite 30).
Wird ein bestimmter Score für ein Tier erreicht, der zuvor als Abbruchkriterium definiert wurde, muss der Versuch für dieses Tier umgehend unterbrochen werden. Sollte ein Belastungsrückgang durch die Unterbrechung des Versuchs und eine Therapie nicht zu erwarten oder eine Unterbrechung nicht möglich sein, so muss das Tier aus dem Versuch genommen werden. Ist die Belastung zu groß und nicht reversibel (gemäß Score und tierärztlicher Beurteilung), so wird das Tier umgehend eingeschläfert, um unnötige Leiden zu verhindern.
Bei manchen Versuchen ist das Einschläfern (die Euthanasie) und eine fachgerechte pathologische Untersuchung der Tiere im Rahmen der wissenschaftlichen Fragstellung des Versuches notwendig. Hier ist die Euthanasie der Tiere Bestandteil des Tierversuchsantrages und wird vor Beginn der Versuche durch die Behörde genehmigt.
Außerhalb eines Versuchs können Tiere euthanasiert werden, wenn Gewebe oder Organe zu wissenschaftlichen Zwecken benötigt werden. Dieser Fall eines „vernünftigen Grundes“ wird durch die Paragraphen 1, 4 und 7 des Tierschutzgesetzes geregelt. Die Art und Weise wie das Töten von Tieren vorzunehmen ist, wird in der Tierschutz-Versuchstierverordnung detailliert in Abschnitt 2 mit der Anlage 2 zu Paragraph 2 Absatz 2 für die jeweilige Tierart aufgelistet.
Die Euthanasie, also das Einschläfern von Versuchstieren, wird in Anlage 2 der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt. Je nach Tierart dürfen nur bestimmte Tötungsverfahren angewendet werden. Es ist dabei immer die Methode zu wählen, die am wenigsten belastend für das Tier ist, soweit dies mit dem Versuchszweck vereinbar ist.
Nicht-menschliche Primaten dürfen nur durch die Injektion eines überdosierten Betäubungsmittels in tiefer Narkose eingeschläfert werden. Dieses Verfahren ist vergleichbar mit dem Einschläfern von Haustieren beim Tierarzt und ist für die Tiere schmerzfrei.
Es gibt viele medizinische Erfolge, die auf Versuchen mit Primaten beruhen. Zwei Beispiele: Einer der größten medizinischen Erfolge, der mit Hilfe von Experimenten an Primaten erzielt wurde, war die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Polio-Virus in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Polio ist in Deutschland auch als "Kinderlähmung" bekannt. Der Amerikaner Jonas Salk identifizierte in den 1940er Jahren bei Versuchen mit Rhesusaffen zunächst die drei verschiedenen Poliovirus-Arten. Durch Polio erlitten damals hunderttausende Menschen weltweit schwere Missbildungen. In Zellkulturen aus Nierenzellen der Meerkatze entwickelte er dann einen Impfstoff, der 1955 mit großem Erfolg auf den Markt kam. Albert Sabin verbesserte diesen noch und benutzte dabei Primaten als Infektionsmodelle. Der Impfstoff, den er entwickelte, hatte Polio um 1965 in den USA so gut wie beseitigt und auch weltweit die Krankheit deutlich eingedämmt.
Ein Ergebnis der Neurowissenschaften, mit dem weltweit schon zehntausenden Patienten geholfen werden konnte, ist die tiefe Hirnstimulation. Sie ist in den 1980er und 1990er Jahren unter anderem durch Versuche mit Makaken etabliert worden. Umgangssprachlich wird sie mitunter auch als "Hirnschrittmacher" bezeichnet. Mit ihr lassen sich bestimmte Formen der Parkinsonschen Krankheit, die vor allem mit ständigem Zittern (Tremor) einhergehen, therapieren und auch Symptome anderer Erkrankungen wie die Dystomie oder Multiple Sklerose. Tiefe Hirnstimulation gelingt über Elektroden, mit denen Impulse ins menschliche Gehirn geleitet werden. Dort regen sie Zellen zur Aktivität an und stoppen so etwa das Zittern beim Tremor.
Das sind zwei prominente Beispiele aus der Infektionsforschung und den Neurowissenschaften – Forschungsbereiche, die zwei der drei Standbeine des DPZ sind. Auch am DPZ forschen Wissenschaftler an Themen, die in Zukunft ähnlich sinnvoll genutzt werden könnten.
Zehn Mythen über Tierversuche
"Kosmetika werden an Tieren getestet, Menschenaffen werden in Tierversuchen eingesetzt und Grundlagenforschung hat sowieso keinerlei Nutzen für die Menscheit" - solche Mythen und Unwahrheiten kursieren häufig in der Öffentlichkeit, wenn es um das Thema Tierversuche geht. Oft fehlt es an sachlicher Information und Hintergrundwissen. Die Plattform Tierversuche verstehen hat die größten Mythen zu tierexperimenteller Forschung zusammengestellt. Sie können Sie hier nachlesen:
Quiz: Zehn Fragen zu Tierversuchen
Warum sind Tierversuche notwendig? Woher stammen die Versuchstiere und wann ist ein Tierversuch überhaupt zulässig? Testen Sie ihr Wissen in unserem Quiz. Es erwarten Sie zehn Fragen, bei denen auch mehrere Antworten richtig sein können.
Der interaktive Rundgang führt die Besucher durch die Haltungs- und Zuchtbereiche des DPZ und hält viele wichtige Informationen zu Affenarten, Hygienevorschriften und der täglichen Arbeit von Tierärzten, -pflegern und Wissenschaftlern bereit.