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Ideen gegen die Wohnungsnot

Mehr als 60 Besucher diskutierten am 19. Mai mit den Kandidaten der Göttinger Oberbürgermeisterwahl über das Verhältnis von Wissenschaft und Kommune. Wichtige Themen bei der vom Arbeitskreis Wissenschaft und Hochschulen initiierten Veranstaltung waren neben Wohnraum für Studenten auch Bauprojekte wie das geplante „Haus des Wissens“.
Bei der Podiumsdiskussion: (von links) Eckhardt Fascher, Rolf-Georg Köhler, Siegfried Lieske, Moderator Michael Lankeit. Foto: Karin Tilch
Das Foto zeigt Ulrike Beisiegel mit Mikrofon.
Universitätspräsidentin Ulrike Beisiegel begrüßte die Diskutanten und stellte Fragen aus dem Publikum. Foto: Karin Tilch
Siegfried Lieske und Moderator Michael Lankeit (rechts) lauschten den Publikumsfragen. Foto: Karin Tilch

"Dass die OB-Kandidaten einer Universitätsstadt auf ihren Webseiten so gut wie keine Ideen zum Thema Wissenschaft präsentieren, ist schon erstaunlich." Mit dieser Ansicht war Michael Lankeit, administrativer Geschäftsführer und Moderator der Podiumsdiskussion, sicher nicht allein. Daher war es für die Zuhörer sicherlich interessant, den Ausführungen der Kandidaten Dr. Eckhard Fascher (Die Linke), Rolf-Georg Köhler (SPD), Siegfried Lieske (Grüne), Dr. Martin Rudolph (parteilos, CDU) und Katharina Simon (Piraten) zuzuhören.

Viele verschiedene Themen kamen zur Sprache, dominierend waren dabei vor allem die Fragen nach bezahlbarem Wohnraum für Studenten und Wissenschaftler und den Plänen des geplanten Göttinger "Haus des Wissens". Außerdem waren sich die Teilnehmer einig darin, dass sich zu wenige Wissenschaftler kommunalpolitisch engagieren. Umgekehrt sei es "extrem wichtig, dass das Rathaus die Wissenschaft unterstützt", sagte Universitätspräsidentin Ulrike Beisiegel in einer kurzen Begrüßung. Dann ging es darum, wie das geschehen könnte. Eckhardt Fascher sagte, er wolle mehr sozialen Wohnungsbau für Studenten, Uni-nahe Kinderbetreuung, ein breiteres Fächerspektrum an der Universität und einen attraktiveren Nahverkehr. Rolf-Georg Köhler von der SPD schlug mehr Lobbyarbeit für die Einwerbung neuer Institute und Mittel für die Universitätsmedizin vor, außerdem Uni-affine Gründerzentren und mehr Kinderkrippen. Siegfried Lieske wollte einen Dezernenten in der Verwaltung für den Kontakt zwischen Wissenschaft und Kommune einstellen, mehr Kindergärten und mehrsprachige KiTas anbieten. Außerdem schlug er vor, den Standortfaktor Wissenschaft auch internationaler bekannter zu machen. Der Göttingen Research Campus, in dem die Göttinger Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen sind, solle noch intensiver kommuniziert werden. Martin Rudolph Sprach sich für mehr Kontakt zwischen Wissenschaft und Wirtschaft aus, vom Oberbürgermeister vermittelt, und für ein Haus des Wissens, das auch Welcome-Center für neue Wissenschaftler und eine Innovationstransferstelle für Ergebnisse aus der Wissenschaft sei. Katharina Simon schlug vor, den Fokus auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Forschungsergebnissen abzulegen und mehr Wohnraum in leerstehenden Geschäftsgebäuden einzurichten. Außerdem warf sie der Universität vor, die Kulturwissenschaften zu vernachlässigen, was Frau Beisiegel später in der Diskussion deutlich verneinte.

Zum geplanten "Haus des Wissens" im ehemaligen Gebäude der Zoologie am Bahnhof sagte SPD-Mann Köhler, es sei wichtig, zu klären, was hinein solle. Außerdem solle es zusätzlich ein städtisches Museum geben. Für den Grünen Lieske war vor allem eine sinnvolle Nutzung des Umgeländes wichtig und ein gemeinsames Konzept mit dem städtischen Museum. Martin Rudolph sprach sich gegen eine Verbindung mit dem Stadtmuseum aus, Katharina Simon wollte vor allem ein modernes pädagogisches Konzept, um die wissenschaftsferne Bevölkerung einzubeziehen, Eckhardt Fascher schloss sich dem an. Bedauern darüber, dass sich nur wenige Wissenschaftler in die Lokalpolitik einmischen, äußerten alle Kandidaten. Die erste Publikumsfrage stellte Jörg Magull, Geschäftsführer des Göttinger Studentenwerks: "Welches wird ihre erste konkrete Maßnahme gegen die Wohnungsnot?" Die Antworten waren vielfältig: Bauflächen ausweisen (Lieske), aktuelles Bauprojekt mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft fortführen (Rudolph), Geschäftsräume zu Wohnraum umwandeln (Simon), Bestandsaufnahme und massiver sozialer Wohnungsbau (Fascher). Auf die Frage von Stefan Treue, Direktor des Deutschen Primatenzentrums, wo die Kandidaten Geld einsparen könnten für die geplanten Maßnahmen, hatte keiner der fünf eine Antwort, sieht man vom Vorschlag "Das Gehalt des OB runtergruppieren" (Simon) und "Stadtlotterie für gemeinnützige Zwecke" einmal ab. Rolf-Georg Köhler war zu diesem Zeitpunkt schon zu einer anderen Veranstaltung aufgebrochen, aber die Zuhörer blieben bis zum Schluss.

In einer Stichwahl um die Göttinger Oberbürgermeisterschaft geht es am 15. Juni ohne die meisten der Kandidaten aus der Diskussion weiter: Es treten Rolf-Georg Köhler (SPD) und Dr. Martin Rudolph (parteilos für CDU) gegeneinander an.