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Übersichtsartikel: Primatenmodelle unverzichtbar

Herzerkrankungen, HIV, Immunologie, Neurowissenschaften – Primaten sind als Modelltiere in zahlreichen biomedizinischen Forschungsbereichen unersetzlich.
Rhesusmakaken wie dieser sind in vielen Bereichen biomedizinischer Forschung unverzichtbar. Warum genau, ist im neuen Übersichtsartikel von Kimberley Philipps nachzulesen. Foto: Anton Säckl

Im "American Journal of Primatology" ist im Frühjahr 2014 ein englischsprachiger Übersichtsartikel von Dr. Kimberley A. Philipps und einer Reihe weiterer Autoren erschienen, der beschreibt, warum nicht-menschliche Primaten als Modellorganismen für die Untersuchung verschiedener menschliche Krankheitsbilder unersetzlich waren und sind. Viele der in dem Beitrag enthaltenen Argumente treffen ebenfalls auf die Forschung am Deutschen Primatenzentrum zu und auf die Primatenarten, die hier gehalten und eingesetzt werden.

Kern der Argumentation ist für alle zwölf biomedizinischen Forschungsbereiche, für die die Unverzichtbarkeit des Primatenmodells beleuchtet wird, die Ähnlichkeit der nicht-menschlichen Primatenarten zum Menschen. Im Gegenzug wird ebenfalls die Unzulänglichkeit anderer Tiermodelle (meist des Nagermodells) für die erwähnten Fragestellungen beschrieben. Beispiele aus der Arteriosklerose-Forschung, der Altersforschung, der Genetik, der Immunologie, der HIV-Forschung, der Reproduktions- und fetalen Programmierungsforschung, aus den Neurowissenschaften, der Pharmakologie, der Verhaltens-, Kognitions- und Sprachforschung und aus der Erforschung von Atemwegserkrankungen zählen die Autoren auf.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel aus der Sektion Infektionsforschung des Deutschen Primatenzentrums: Im Bereich der HIV/AIDS-Forschung besteht das Problem, dass es derzeit gar keinen Modellorganimus gibt, der das für Menschen endemische HI-Virus in seinem ganzen Spektrum und den klinischen Folgen abbildet. Adäquat untersuchen kann man das Virus daher nur mit Hilfe des ähnlichen Simian Immunodeficiency Virus (SIV, sogenanntes "Affen-AIDS") und einem zu einer Mischform (SHIV) abgewandelten Virus. Wichtige Ergebnisse haben Versuche mit Rhesusaffen, wie sie auch am DPZ gemacht werden, in den Bereichen der Übertragungswege des Virus, der Ausbreitungsweise und Krankheitsentwicklung und in der Entwicklung von Prophylaxe-Konzepten beigesteuert, schreiben die Autoren.

Besonders einfach ist die Frage, ob im Primatenmodell geforscht werden muss, übrigens bei der Arterioskleroseforschung: Ratten entwickeln dieses Krankheitsbild einfach gar nicht, schreiben die Autoren, weswegen experimentell arbeitende Forscher in diesem Bereich nicht auf Makakenarten verzichten können. Der Übersichtsartikel von Kimberley Philipps ist frei im Netz verfügbar.

Dass es zahlreiche biomedizinische Forschungsbereiche gibt, in denen nicht-menschliche Primaten als Modellorganismen eine wichtige Rolle spielen, bedeutet gleichzeitig jedoch nicht, dass die absolute Zahl der nicht-menschlichen Primaten in biomedizinischen Versuchen hoch ist: In Deutschland waren es im Jahr 2012 insgesamt 1686 gezählte Tiere oder 0,05 Prozent aller Versuchstiere. Mehr zu Tierversuchszahlen lesen Sie hier.

 

Originalpublikation

Phillips KA, Bales KL, et al.: Why primate models matter. Am J Primatol. 2014 Apr 10. doi: 10.1002/ajp.22281.