Verhaltensforscherin gewinnt DPZ-Förderpreis 2012
Sie hat herausgefunden, dass Paviane und Javaneraffen in vielen Bereichen fast genauso klug sind wie Menschenaffen - und mit dieser Arbeit bewiesen, dass sie selbst zu den klügeren Köpfen in der Wissenschaft zählt: Vanessa Schmitt hat den Förderpreis des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) des Jahres 2012 gewonnen, eine der höchstdotierten Auszeichnungen für Nachwuchswissenschaftler in Deutschland. Die Verhaltensforscherin erhält 1000 Euro und ein sechsmonatiges Stipendium, um an einem Institut eigener Wahl ein primatenbezogenes Forschungsprojekt durchzuführen. Die Preisverleihung mit einem Vortrag der Preisträgerin findet am 30. Oktober um 18.15 Uhr im Hörsaal des Deutschen Primatenzentrums, Kellnerweg 4, in Göttingen statt. Besucher sind herzlich zu der Veranstaltung eingeladen.
Vanessa Schmitt (30) aus Trier hat an der Universität Kaiserslautern ihr Biologiestudium begonnen, ihr Diplom in Göttingen gemacht und anschließend am Deutschen Primatenzentrum promoviert. Ihr Interesse galt schon immer der Intelligenz und geistigen Leistungsfähigkeit von Tieren und der Frage, wie diese sich evolutionär entwickelt hat. "Ich bin gezielt nach Göttingen gekommen, um hier Primaten erforschen zu können", erklärt Vanessa Schmitt. In ihrer im April abgeschlossenen Doktorarbeit untersuchte sie Javaneraffen und Anubispaviane. Sie testete beispielsweise, inwieweit die Tiere Mengen und Größen unterscheiden können oder ob sie Kausalzusammenhänge verstehen: So bekamen die Tiere unter anderem zwei Tücher gezeigt, auf denen Rosinen lagen, eines jedoch war zerschnitten. Die Affen konnten wahlweise an einem Tuch ziehen und kamen nur an Futter, wenn sie das intakte benutzten.
Sowohl die Paviane als auch die Javaneraffen zeigten sich der Aufgabe gewachsen, die auch für Menschenaffen kein Problem darstellt, wie Kollegen in Leipzig herausgefunden hatten.
Die soziale Intelligenz der Tiere untersuchte die Forscherin beispielsweise, indem sie vor den Affen auf denjenigen von zwei Bechern deutete, der Rosinen enthielt. Damit wollte die Biologin prüfen, ob die Affen den Hinweis verstehen und den gefüllten Becher statt des leeren wählen würden. Weder die Affen am DPZ noch die Menschenaffen waren in der Lage, die Hinweise zu nutzen. Die Ergebnisse von Vanessa Schmitts Arbeit zeigen, dass die Größe des Hirns für die Entwicklung der Denkfähigkeit offenbar nicht so bedeutend ist wie bisher angenommen. Stattdessen spielt die soziale und ökologische Umwelt, in der sich die Arten entwickelt haben, eine wichtige Rolle. "Die Daten, die Vanessa Schmitt erhoben hat, deuten darauf hin, dass die Grenze, die in der Forschung oft zwischen Menschenaffen und den übrigen Arten gezogen wird, in den hier untersuchten Bereichen weniger deutlich ist, als angenommen", sagt Julia Fischer, Leiterin der Abteilung Kognitive Ethologie am DPZ, die die Doktorarbeit der Förderpreis-Gewinnerin betreut hat.
Zur Zeit arbeitet Vanessa Schmitt als Koordinatorin der Leibniz-Graduiertenschule "Grundlagen für das Sozialverhalten von Primaten" am DPZ und arbeitet an weiteren Veröffentlichungen, in denen sie das Thema vertiefen will. "Mit dem Stipendium will ich aber unbedingt als Post-Doc ins Ausland, am liebsten in die USA", sagt die Preisträgerin über ihre Zukunftspläne.
Der Preis wird vom Förderkreis des Deutschen Primatenzentrums finanziert und der Preisträger vom wissenschaftlichen Beirat des Instituts ausgewählt. Bewerben dürfen sich Nachwuchsforscher aus ganz Deutschland, die im vergangenen Jahr eine herausragende Forschungsarbeit mit oder über nicht-menschliche Primaten abgeschlossen haben. "Die Arbeit von Frau Schmitt hat die Jury überzeugt, da sie mit ihren Daten die in Fachkreisen verbreitete Überzeugung widerlegt, dass Menschenaffen sich in ihren Denkleistungen deutlich von weniger menschenähnlichen Affen unterscheiden", erläutert Michael Lankeit, Geschäftsführer des Deutschen Primatenzentrums.
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