Weniger Tierversuche mit Affen in Deutschland
Die am 28. Oktober vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) veröffentlichte Statistik zeigt: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland ca. 1,57 Millionen Tiere in Tierversuchen eingesetzt. Zählt man alle anderen wissenschaftlichen Nutzungen hinzu, waren es knapp über 3 Millionen Tiere. Im Vergleich zur anderen Nutzungen von Tieren, insbesondere für die Ernährung, ist die Zahl der in der Forschung in Deutschland verwendeten Tiere damit verschwindend gering. Die Zahl der nicht-menschlichen Primaten, die 2012 in der Wissenschaft zum Einsatz kamen, hat sich zudem um ca. 6 Prozent im Vergleich zu 2011 reduziert. Affen stellen nur ein Tausendstel aller Versuchstiere in Deutschland. Sie werden nur in Versuchen von großer wissenschaftlicher Bedeutung eingesetzt und wenn es weder eine Alternativmethode noch die Möglichkeit gibt, den Versuch mit einer geringer entwickelten Tierart durchzuführen.
Das Landwirtschaftsministerium erfasst mit seinen Zahlen des Einsatzes von Wirbeltieren für wissenschaftliche Zwecke sowohl Tierversuche wie den Tiereinsatz für Ersatzmethoden, wie beispielsweise die Gewinnung von Zellkulturen. "Daher weist das Ministerium auf der eigenen Website zurecht darauf hin, dass 2012 für Tierversuche im Sinne des Tierschutzgesetzes etwa 1,57 Millionen Tiere eingesetzt wurden", sagt Stefan Treue, Direktor des Deutschen Primatenzentrums, das Primaten unter anderem für Infektionsforschung und neurowissenschaftliche Forschung einsetzt. Dies ist ein leichter Anstieg um etwa 4 Prozent, während die Zahl der Versuchstiere in den Vorjahren zweimal leicht gefallen war. Die Gesamtzahl gibt lediglich an, dass im Jahr 2012 gut 3 Millionen wissenschaftliche Eingriffe (5,8 Prozent mehr als 2011) an Wirbeltieren vorgenommen wurden. Sie ist zudem nicht gleichzusetzen mit der Zahl der eingeschläferten Tiere. So zählen Blutentnahmen und ähnliche Eingriffe für diese Statistik ebenso, obwohl eine Blutentnahme normalerweise ähnlich unkompliziert wie beim Menschen ist. Daher sagen die Zahlen des BMLEV auch nichts darüber aus, ob es mehr Leiden gegeben hat.
Versuchstiere wurden in der Grundlagenforschung eingesetzt, um Krankheiten zu erforschen, für die medizinische Produktentwicklung oder um die Sicherheit von Medikamenten, Inhaltsstoffen oder medizinischen Produkten zu testen. Gerade in diesem letzten Punkt verlangt das Gesetz in Deutschland den Einsatz von Primaten: So wurden von den 1686 im letzten Jahr verwendeten Primaten 60 Prozent der Tiere für gesetzlich vorgeschriebene Giftigkeits- und Sicherheitsprüfungen zum Schutz von Patienten und Konsumenten eingesetzt. Insgesamt ist nur jedes Tausendste Versuchstier ein Primat. Im Jahr 2012 wurden 110 nicht-menschliche Primaten weniger für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt als 2011 (minus 6 Prozent). Bei fast allen Tierarten außer Nagern sind diese Zahlen rückläufig.
Abgesehen von manchen landwirtschaftlichen Nutztieren und Fischen dürfen Tierversuche in Deutschland nur an Wirbeltieren durchgeführt werden, die für diesen Zweck gezüchtet wurden. Jeder Tierversuch muss beantragt werden und wird nur dann von der zuständigen Landesbehörde genehmigt, wenn der Wissenschaftler begründen kann, dass es keine alternative Methode gibt, mit der er den Forschungszweck erreichen kann. Außerdem muss der Tierversuch ethisch vertretbar sein. Das heißt, eine unabhängige Kommission, der auch Tierschutzvertreter angehören, prüft, ob der Zweck des Tierversuchs den Einsatz der Tiere rechtfertigt.
Stellt man den 3 Millionen wissenschaftlichen Eingriffen an Wirbeltieren die jährliche Fleischproduktion in Deutschland gegenüber, so zeigt sich, dass diese unersetzliche Forschung nur einen sehr kleinen Anteil der Nutzung von Tieren durch den Menschen ausmacht. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) wurden im Jahr 2012 in Deutschland etwa 58 Millionen Schweine, fast 4 Millionen Rinder und knapp 700 Millionen Geflügeltiere geschlachtet. Die Fleischproduktion hat 2012 laut dem Bundesamt einen Wert von insgesamt über 6,7 Millionen Tonnen erreicht. Im Laufe eines Lebens werden so für jeden Deutschen im Durchschnitt mehr als 700 Hühnchen geschlachtet, aber nur zwei Mäuse für biomedizinische Forschung benötigt.
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Die Deutsches Primatenzentrum GmbH (DPZ) - Leibniz-Institut für Primatenforschung betreibt biologische und biomedizinische Forschung über und mit Primaten auf den Gebieten der Infektionsforschung, der Neurowissenschaften und der Primatenbiologie. Das DPZ unterhält vier Freilandstationen im Ausland und ist Referenz- und Servicezentrum für alle Belange der Primatenforschung. Das DPZ ist eine der 86 Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.