Wenn Fische Affen folgen
Der Gedanke liegt nahe: Wo die eine Tierart frisst, fällt für andere wahrscheinlich auch noch etwas ab. Und falls sich beide Arten gegenseitig tolerieren, können sie sich zudem vor nahenden Raubtieren warnen. Dennoch waren Daten über solche tierischen Gemeinschaften bei Affen bisher auf einzelne, in der wissenschaftlichen Literatur weit verstreute Beobachtungen beschränkt. Eckhard W. Heymann vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) und Shin Shin Hsia von Earth Corps haben sich die Literatur dazu systematisch angesehen und konnten durch vergleichende Analysen zeigen, dass solche Assoziationen in fast allen Verbreitungsgebieten von Primatenarten vorkommen. Die Übersichtsstudie fügt damit den Primaten eine weitere Dimension ihrer Bedeutung für die Ökosysteme hinzu.
Insgesamt fanden die Wissenschaftler Belege für 174 Assoziationen, an denen 64 Primatenarten und 95 Nicht-Primatenarten beteiligt waren. Die große Mehrheit dieser Assoziationen lassen sich als Kommensalismus einordnen, sie sind also vorteilhaft für den einen Partner und neutral für den anderen (meist die Primaten). Am häufigsten assoziieren sich Vögel mit Primaten. In Afrika schließt sich beispielsweise der Schwarzhelm-Hornvogel (Ceratogymna astrata) verschiedenen mittelgroßen Primatenarten an, um in Obstbäumen Früchte zu fressen. Die Vögel nutzen währenddessen die relative Sicherheit durch die Wachsamkeit und Alarmrufe der Affen bei auftauchenden Raubtieren. Eine intensive Verbindung pflegt auch der asiatische Axishirsch (Axis axis) zum bengalischen Hanuman-Langur (Semnopithecus entellus): Im Durchschnitt 2,6 Stunden lang folgt der Hirsch dem Langur täglich, um Blätter und Früchte zu fressen, die die Primaten fallen lassen. Auch so unwahrscheinliche Verbindungen wie Primat und Fisch sind belegt: In Südamerika wurde beobachtet, dass fruchtfressende Rotflossen-Forellensalmler (Brycon microlepis) einer Gruppe Kapuzineraffen (Cebus apella) bis zu hundert Meter folgten, um von den Affen fallen gelassene Früchte aufzuschnappen.
"Die geografische Verteilung der Assoziationen ist ebenfalls aufschlussreich", sagt Eckhard W. Heymann. Die meisten davon gibt es in der Neotropis (Mittel- und Südamerika), viele ebenfalls in Asien und auf dem afrikanischen Kontinent, während auf Madagaskar keine solchen Assoziationen beobachtet worden sind. "Es wurden bislang ausschließlich bei tagaktiven Tieren Assoziationen gefunden ", ergänzt Heymann. "Es ist also nicht verwunderlich, dass es bei den vornehmlich nachtaktiven Lemuren Madagaskars keine derartigen Vergesellschaftungen gibt." In der Ökologie würden Primaten hauptsächlich als Samenausbreiter und Samenräuber für viele Pflanzenarten, in selteneren Fällen als Raubtiere und Bestäuber betrachtet, schreiben die Autoren. "Die neue Studie fügt dem Bild nun die Rolle von Primaten als Assoziationspartner für viele andere Tierarten hinzu", so Heymann.
Originalpublikation
Heymann, Eckhard W., and Shin S. Hsia: Unlike fellows - a review of primate-non-primate associations. Biol. Rev. (2014), doi: 10.1111/brv.12101 (open access)