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Kriege bringen Poliovirus zurück

Die auch als Kinderlähmung bekannte Krankheit war 2012 weltweit dank eines in Tierversuchen entwickelten Impfstoffs fast ausgerottet. Die aktuellen Krisen bringen das Risiko mit sich, dass sich die tödliche Krankheit wieder stärker verbreitet: In der ehemals Polio-freien Ukraine sind laut Spiegel online zwei neue Fälle verzeichnet worden, auch die Syrien-Krise könnte das Virus wieder gefährlicher machen.
Ein Polio-Schluckimpfung im Kongo. Foto: Alain Mukeba; USAID Demokratische Republik Kongo

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts trat das Poliovirus alle fünf bis sechs Jahre als Epidemie unter anderem in Europa und den USA auf, wobei regelmäßig tausende Erkrankte starben - vor allem Kinder. In den 50er und 60er Jahren entwickelten die Wissenschaftler Albert Sabin und Jonas Salk in den USA dann auf der Basis von Tierversuchen (auch mit Rhesusaffen) zwei verschiedene Impfstoffe. Diese halfen insbesondere in der Version als Schluckimpfung dabei, das Virus seit 1988 weltweit unter Anleitung der Weltgesundheitsorganisation WHO nahezu auszurotten. Wichtig sind zum Erfolg allerdings politisch stabile Verhältnisse, um möglichst viele Kinder früh impfen zu können. Die letzten Reservoirs der Viren waren bis etwa 2012 noch die Länder Pakistan, Afghanistan und Nigeria, wo es in schwer zugänglichen Regionen überdauert hat. Nun berichten verschiedene Medien wie Spiegel online und die Süddeutsche Zeitung über die Rückkehr des Virus in der Ukraine und in Syrien.

Kriege bringen den Erfolg der Impfkampagne aus mehreren Gründen in Gefahr: Einerseits können nicht genügend Kinder der jüngsten Generationen geimpft werden, wenn beispielsweise nicht genug Schluckimpfstoff in die Krisenregionen wie die Ukraine gelangt. Bei Impfquoten von unter 90 Prozent fehlt einer Bevölkerung dann der so genannte "Herdenschutz", also die Tatsache, dass bei weniger neuen Fällen von Infektionen sich diese nicht mehr in der Bevölkerung ausbreiten. Andererseits führen Kriege zu großen Flüchtlingsströmen wie aktuell in Syrien, die die Gefahr erhöhen, das Virus wieder erneut in schon virusfreie Regionen einzuschleppen. Und zuletzt lösen Kriege zugleich Hygienezustände aus, die die erneute Ausbreitung von Viren wie Polio vereinfachen: In Flüchtlingslagern, in vernachlässigten Krankenhäusern, in zerstörten Städten. Die WHO hat das Ziel, Polio bis 2018 weltweit auszurotten – wenn das gelingt, wäre es allen Kriegen zum Trotz auch ein großer Erfolg der Medizin, der ohne Tierversuche unmöglich geblieben wäre.