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Medizin-Nobelpreisträger 2015 arbeiteten im Tierversuch

Drei Forscher wurden für Gegenmittel zu Parasiten wie Malaria und Fadenwürmer ausgezeichnet.
Das Stockholmer Konzerthaus am Hötorget, worin der Nobelpreis für Medizin überreicht wird. Foto: Jonas Bergsten

Die Nobelpreisträger für Medizin stehen fest. Am Montag hat das Nobel-Komitee in Stockholm sie bekanntgegeben: Der gebürtige Ire William C. Campbell sowie der Japaner Satoshi Omura erhalten gemeinsam die Hälfte des Preises für ihre Arbeit an einer Therapie gegen Infektionen mit Fadenwürmern, die zu Flussblindheit und Elefantiasis führen kann. Die Chinesin Youyou Tu wird für die Erforschung eines Mittels gegen den Parasiten Malaria geehrt. 

Campbell und Omura entwickelten das Medikament Avermectin, Dank Tu existiert das Malaria-Medikament Artemisinin.  Mit den Parasiten, die die Wissenschaftler untersuchten, haben sich seit Beginn ihrer Forschung Millionen Patienten infiziert, insbesondere in den ärmeren Regionen der Welt, in Afrika und Asien. Sowohl Malaria als auch die Fadenwurm-Erkrankungen können tödlich ausgehen oder zu schweren Behinderungen führen. 

Die chinesische Pharmazeutin Youyou Tu ebnete in den 60er- und 70er Jahren den Weg zum heutigen Malaria-Standardmedikament Artemisinin. Mit ihrem Team schaffte sie es, den entscheidenden Wirkstoff aus der bekannten Heilpflanze Artemisia annua, dem einjährigen Beifuß, zu extrahieren. Für diese Forschung war sie auf die Untersuchung des Wirkstoffs in Nagetiermodellen angewiesen. Aus dieser Entdeckung resultierten anschließend neue, effektive Medikamente gegen die Parasiten-Infektion Malaria. Noch immer gibt es laut Weltgesundheitsorganisation WHO fast 200 Millionen Malaria-Infektionen im Jahr. Etwa eine halbe Million Menschen sind nach aktuellen Schätzungen 2013 an Malaria gestorben.

Campbell und Omura haben das Medikament Avermectin entdeckt, aus dessen Weiterentwicklungen wirksame Mittel gegen Flussblindheit und Elefantiasis gewonnen wurden. Auch Medikamente gegen andere Parasitenerkrankungen basieren auf diesem Wirkstoff. Die Flussblindheit führt zu einer Entzündung der Augen-Hornhaut und damit zum Verlust der Sehkraft. Elephantiasis äußert sich in einer starken Schwellung der Extremitäten, riesige Beine oder Arme entstehen, die für die Patienten schmerzhaft und hinderlich sind.  Schon in ersten Tests 1979 in Mäusen zeigten von Omura entdeckte Bakterienkulturen aus dem Bakterium Streptomyces avermitilis Wirkung. Später konnte die Wirksamkeit an zahlreichen Haustieren wie Hunden, Schafen, Rindern und Hühnern gezeigt werden. Das daraufhin entwickelte und heute intensiv angewandte Medikament steht auf der Liste der unverzichtbaren Medikamente der Weltgesundheitsorganisation WHO. 

Der Nobelpreis ist weltweit eine der höchsten Ehrungen, die von einer unabhängigen, fachlich kompetenten Jury vergeben wird. Er wird den Preisträgern am 10. Dezember in Stockholm überreicht. Nobelpreisträger haben in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich Herausragendes zum Wohl der Menschheit geleistet. Wie sehr diese herausragende biomedizinische Forschung von Tierversuchen abhängt, beweist die Tatsache, dass etwa 80 Prozent aller je vergebenen Nobelpreise der Medizin auf der Grundlage von Tierversuchen zustande kamen - darunter jeder Preis der vergangenen 30 Jahre.

Ein paar weitere Beispiele aus der Geschichte des Nobelpreises verdeutlichen, dass bahnbrechende Forschung in den vergangenen hundert Jahren oft nicht ohne Tierversuche auskommen konnte: 

Penicillin im Tierversuch überprüft 

Den Nobelpreis für Medizin des Jahres 1945 erhielten Alexander Fleming, Ernst Chain und Howard Walter Florey für die Entdeckung des ersten Antibiotikums Penicillin. Fleming hatte schon 1928 festgestellt, dass diese Substanz Bakterien abtötete und bewies in Tests an Mäusen, dass Penicillin für Säugetiere ungefährlich war. 1940 entwickelten Chain und Florey die Entdeckung weiter, indem sie wiederum an Mäusen nachwiesen, dass die Tiere mit der Hilfe von Penicillin von bakteriellen Infektionen wie Blutvergiftung geheilt werden konnten. Diese Entdeckung führte zur Massenproduktion von Penicillin als Antibiotikum mit dem seither unzählige Menschenleben gerettet werden konnten. 

HIV-Entdeckung auf Grundlage von Erkenntnissen aus Tierversuchen 

2008 wurden die Infektionsforscher Harald zur Hausen, Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Zur Hausen hatte entdeckt, dass das humane Papilloma-Virus (HPV) zu 80 Prozent für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich ist. Barré-Sinoussi und Montagnier wurden für ihre Arbeit zum humanen Immundefizienz-Virus (HIV) ausgezeichnet. Sie hatten die Variante HIV-1 dieses Virus entdeckt, das die Krankheit AIDS auslöst. Beide Forschungsprojekte basierten auf Erkenntnissen aus Tierversuchen: Bereits 1910 wies Peyton Rous in Versuchen mit verschiedenen Tieren nach, dass Papilloma-Viren infektiös sind und Krebserkrankungen auslösen können. Über Retroviren der Klasse Lentivirus, zu denen HIV gehört, war ebenfalls nach Tierversuchen an Schafen, Pferden und Ziegen bereits seit der Jahrhundertwende bekannt, dass sie Krankheiten des Immunsystems auslösen können.